Fragen des Glaubens
Wann beginnt Fanatismus? Wie kann man heute noch glauben? Große Fragen stellt „Elias“, auch wenn der Abend vor allem zum Triumph eines grandiosen Interpreten wird.
mit uns ganz normalen Menschen tun. Der wie üblich fulminant singende Arnold Schoenberg Chor steckt in Alltagskleidung, die auf die Glaubensprobe gestellte Menge zerfetzt eine Pappkirche, büßt den Abfall vom Glauben mit einer quälenden Dürre. Der Regen als Metapher für Hoffnung fällt in dieser Inszenierung ganz real auf die Bühne.
ist nicht so leicht zu erringen. Am Ende zeigt Calixto Bieito, wie es eventuell möglich wäre. Der geläuterte Prophet verweigert die Selbstverbrennung, das barbarische Autodafé. Es muss noch einen anderen Weg geben. Bieitos Inszenierung gelingt auch deshalb, weil mit Christian Gerhaher ein stimmlich und darstellerisch überragender Künstler den Elias gestaltet. Gerhaher stellt einen komplexen Charakter auf die Bühne: Getriebenheit, Fanatismus, Brutalität, Skepsis, Skrupel, Selbstvernichtungsphantasien und Ängste beherrschen diesen Mann abwechselnd. Der Sänger verlangt seinem lyrischen Bariton viel Dramatik ab, um die Autorität des alttestamentarischen Großverzweiflung propheten glaubhaft zu machen. Doch die schönsten Passagen sind die leisen, lyrischen, die Gerhaher wie kein Zweiter zu singen imstande ist. Der Sänger hat keine Angst davor, Konsonanten überdeutlich zu artikulieren, seine Verständlichkeit steht der seines Vorbilds, des großen Rhetorikers der Gesangsgeschichte Dietrich Fischer-dieskau, nicht nach (interessanterweise erinnern die vorne liegenden Vokale bei Gerhaher in der Klangfarbe frappant an Dieskau).
Hochstehend auch das Ensemble. Maximilian Schmitts inbrünstiger Obadjah, die nicht minder intensive Maria Bengtsson als Witwe, Ann-beth Solvang als fast schon dämonische Königin und Kai Rüütel als schrecklich-schöner Racheengel halten das Niveau, das Gerhaher und der klein besetzte Schoenberg Chor vorgeben.
Solide und verlässlich-gediegen, aber auch tendenziell etwas spannungsarm und zu wenig fiebrig-dramatisch ist das Dirigat von Jukka-pekka Saraste, der mit dem Radiosymphonieorchester Wien so manche düstere Farbe beisteuert.