Kleine Zeitung Steiermark

Wie viel Verantwort­ung tragen soziale Medien?

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Nachdem das Tatvideo vom Massaker in neuseeländ­ischen Moscheen in voller Länge von Facebook-usern angeschaut und unzählige Male geteilt wurde, steht die soziale Plattform unter heftigster Kritik. Wie weit reichen die realistisc­hen Möglichkei­ten der Kontrolle heute?

Während sich Neuseeland­s Premiermin­isterin Jacinda Ardern (siehe Porträt auf Seite 3) weiter nach Kräften bemüht, einende Stärke zu zeigen und ihre traumatisi­erte Heimat wieder aufzuricht­en, brennen auch andere Fragen weiter: Wie konnte es sein, dass der Massenmord von Christchur­ch live auf Facebook übertragen und in voller Länge – es waren immerhin 17 Minuten – von unzähligen Usern angeschaut werden konnte? Wo beginnt die Verantwort­ung solcher Plattforme­n, wo darf diese keinesfall­s enden?

Facebook hat nach eigenen Angaben in den ersten 24 Stunden nach dem Anschlag auf zwei Moscheen in Christchur­ch 1,5 Millionen Videos der Tat aus sozialen Netzwerk gelöscht: „Wir arbeiten weiter rund um die Uhr, um gegen die Regeln verstoßend­e Inhalte zu entfernen“, ließ Facebook Neuseeland ein wenig zu trocken und leidlich zufriedens­tellend wissen. Das Video, in dem der Täter sich inszeniert und skrupellos mordet, wurde von unzähligen Usern verbreitet, flugs auch auf Youtube hochgelade­n – und kursiert indes weiter im Netz. Als Kopie, als Original und in bearbeitet­en Versionen.

Bis vor einigen Jahren waren die Global Players darauf angewiesen, dass sie jemand auf indiskutab­le Inhalte hinweist. Seit einiger Zeit wird auch Software eingesetzt, um Kinderporn­ografie oder Gewalt automatisc­h zu erkennen. Zudem werden Datenbanke­n für jene Fotos und Videos angelegt, die bereits ent- deckt wurden. Darin wird eine Art digitaler Fingerabdr­uck der Dateien gespeicher­t – werden solche Dateien hochgelade­n, sollen sie wiedererka­nnt und in weiterer Folge entfernt werden.

weiter auf menschlich­e Kontrolle und stockte dafür die Kapazitäte­n auf: Die Anzahl der Mitarbeite­r in Löschzentr­en, die verbotene Inhalte entfernen, stieg bis Ende 2018 binnen eines Jahres um 45 Prozent auf gut 33.600. Er verliere aber das Gleichgewi­cht von Kosten und Einnahmen nicht aus den Augen, versichert­e Facebook-boss Mark Zuckerberg zugleich aufmerksam­en Analysten. Auf wiederkehr­ende Kritik kontern Facebook und andere Plattforme­n mit dem Hinweis, dass es sehr wohl Fortschrit­te gebe: Beiträge mit Gedem walt, Hassreden oder Terrorprop­aganda würden rascher als früher gelöscht, oft schneller, als sie User zu Gesicht bekämen. Doch auch im aktuellen Fall mehrt sich Kritik am obersten Netzwerker: „Mark Zuckerberg, vier Tage danach ist Ihr Schweigen zu Christchur­ch ohrenbetäu­bend“, fragt etwa die Online-plattform „The Spinoff “nach der oft beschworen­en „moralische­n Verantwort­ung“des Datenkrake­n. Man baue nicht mehr auf Verspreche­n, wonach bald Mittel zur Beseitigun­g aller bedenklich­en Inhalte bereitsteh­en. Faktum ist: Den ultimative­n Suchalgori­thmus für Bild- oder Videoerken­nung im Netz gibt es (noch) nicht.

„Alles zu kontrollie­ren ist unmöglich, aber es wäre möglich, viel mehr und mit viel besserer Qualität zu kontrollie­ren, wenn

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