Die Kindesweglegung
Der Zustand des Heeres sei das Ergebnis aus zwölf Jahren Spö-verteidigungsministern. So will es uns die Regierung erzählen. Was hat eigentlich die ÖVP für das Bundesheer getan?
Die Generalstabsoffiziere waren gnädig und haben in ihrer Analyse die Luftraumüberwachung ausgespart. Sonst wären zu den errechneten 4,2 Milliarden Euro Aufholbedarf für das Bundesheer noch einige Hundert Millionen dazugekommen. Auch ohne die noch offene Eurofighter-frage sind die Zahlen alarmierend genug.
Trotz des Appells des Generalstabschefs gibt es wenig Gründe, anzunehmen, dass Verteidigungsminister Mario Kunasek aus den kommenden Budgetverhandlungen als Sieger hervorgehen wird. Eine sechs Milliarden Euro schwere Steuerreform, womöglich die Abschaffung der Rundfunkgebühren ... Sollte der Finanzminister nicht auf ein gigantisches Ölfeld gestoßen sein, bleibt eine deutliche Erhöhung des Wehretats Wunschdenken von Minister und Militärs.
Das Heer wurde in den letzten zehn Jahren nachhaltig geschwächt. „Deshalb leiten wir einen Kurswechsel ein“, notiert Türkis-blau ins Regierungsprogramm. Der Zustand der Armee wird in dieser Erzählung der SPÖ in die Schuhe geschoben, die von 2007 bis Ende 2018 die Verteidigungsminister stellte. Sicher haben Norbert Darabos und Gerald Klug in ihrem Amt nicht brilliert. Hans Peter Doskozil kann sich immerhin damit rühmen, in der Migrationskrise die Ungunst der Stunde für einen Imagewandel des Heeres genützt zu haben.
Was aber hat die ÖVP in all den Jahren für das Bundesheer geleistet?
Bei Angelobungen von Rekruten werden schwarze Landeshauptleute nicht müde, ein starkes Bundesheer einzufordern. Leichte Übung, das Geld müssen andere auftreiben, während die Länder von Hubschraubern und Pioniergerät ebenso profitieren. Auf höherer Ebene hat sich schon lange kein Övp-kaliber für die Sache in die Schlacht geworfen. Mit dem Aussetzen der Truppenübungen versetzte dafür der letzte Vp-heeresminister, Günther Platter, der Miliz fast den To- desstoß. Ja, der Kampf um die Wehrpflicht wurde gewonnen, schnell aber war das Kind wieder weggelegt. Bezeichnend: Als letzter „Falke“bei den Schwarzen gilt Robert Lichal. Noch heute wird der frühere Minister von Offizieren mit Standing Ovations empfangen.
In ebendiesen Kreisen ätzt man, dass der wahre Verteidigungsminister im Finanzministerium sitze. Dort holen sich Ressortchefs eine Abfuhr nach der anderen, wenn sie um mehr Geld bitten. Das musste auch Kunasek nach seinem Amtsantritt zur Kenntnis nehmen. ebastian Kurz hält sich von Heeresuniformen fern – vom Nationalfeiertag und dem „Licht ins Dunkel“-spendentelefon samt Gardesoldaten abgesehen. Der Einzige, der dem Bundeskanzler wegen der niedrigen Militärausgaben die Leviten las, war Us-präsident Donald Trump. Kurz verwies artig auf unsere Neutralität und den hohen Anteil der Soldaten im Auslandseinsatz.
Er hätte auch aus dem Regierungsprogramm zitieren können. Dort steht etwas von Kurswechsel. Den spürt man allerorten, nur nicht beim Heer.
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