Der Held und die Herde
Die FPÖ mag es, wenn sie die Medien in erhitzter, konformistischer Geschlossenheit gegen sich hat. Der Grat zwischen begründeter Entrüstung und Schützenhilfe ist schmal.
Harald Vilimsky hat sich in schweißtreibender Bedrängnis zu einer Drohgebärde gegenüber Armin Wolf hinreißen lassen. Konfrontiert mit dem Vorwurf nationalsozialistischen Wiedergängertums stellte er der Orf-ikone vor laufender Kamera Konsequenzen in Aussicht. Offen blieb, ob Vilimsky medienrechtliche Schritte meinte oder den unfrommen Wunsch, dem Missliebigen zu Leibe zu rücken.
Auch wenn es jedem freisteht, sich zur Wehr zu setzen: Das Vage und Aggressive der Androhung war aus dem Mund des Generalsekretärs einer Regierungspartei eine verwerfliche, schwere Fehlleistung.
Verwerflicher war nur die Reaktion des Vorsitzenden des Stiftungsrates. Norbert Steger legte Wolf ein Ruhejahr nahe, um „sich neu zu erfinden“. Die despektierliche Äußerung, die keine Affekthandlung in der Hitze eines Gefechtes war, entlarvt Steger als politischen Adjutanten. Das ist nicht nur demokratiepolitisch bedenklich, sondern birgt auch eine tragische biografische Note: Offenbar hat der frühere liberale Freiheitliche die brachiale Ent
machtung durch Haider am Innsbrucker Parteitag aus der Erinnerung gelöscht. Sonst würde sich Steger diese Gefügigkeit nicht erlauben. Seiner Ernennung zum Chef des Stiftungsrates hätte der Kanzler nie zustimmen dürfen. Es war der erste Sündenfall, der jetzt, im Zusammenwirken von Außenund Innenwelt, sein problematisches Potenzial offenbart.
Die Empörung darüber ist berechtigt, auch wenn der zivilisatorische Unterschied zu früheren Verhältnissen primär in der Stilistik liegt: Orchestrierter Druck fand auch davor statt, nur hat man das Schamfreie nicht so offen zur Schau gestellt.
Das Unverhohlene ist gewollt und Teil eines Drehbuchs. Die bewusste, stets von Neuem befeuerte Gegnerschaft zu den Medien dient der Mobilisierung und gehört zum Kern populistischer Agitation. Schon ein Jörg Haider suchte die Konfrontation auf offener Bühne und kostete sie aus. Vor allem genoss er es, wenn die Medien das Spiel mitspielten und sich in die Arena zerren ließen. Je mehr ihn die Medien zum Dämon aufbliesen, je größer die Herde und das Rudel, das ihm gegenübertrat, desto einträglicher das Geschäft der Solidarisierung, desto besser verfing der Eros des vermeintlich Verfolgten. as muss man mitbedenken, wenn man zur schärfsten Waffengattung, zum Nazi-vergleich, greift. Der „Stürmer“diente der propagandistischen Vorbereitung und Begründung eines Massenmords. Rassismus hätte es auch getan. Armin Wolf ist ein famoser Fragesteller, aber er liebt die dramaturgische Form des Zweikampfs. Wenn man es nicht spürt und der Fragebogen weit und nicht so kämpferisch eng gespannt ist wie vergangenen Freitag, ist Wolf großartig. Wenn man es merkt, spielt er ungewollt seinem Gegenüber in die Hände. Dann schwindet das Aufklärerische im Tumult der Erregung. Die Twitter-herde kann den Helden wieder freigeben. Armin Wolf ist nicht in Gefahr. Die FPÖ braucht ihn.
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