Kleine Zeitung Steiermark

Wann ist genug wirklich genug?

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Es ist ein seltenes Schauspiel, einen Politiker ohne den Tarnanzug seines öffentlich­en Sprachmiss­brauchs zu erleben. Man hat sich daran gewöhnt, das Gesagte niemals wörtlich zu nehmen, eher das Gegenteil für wahr zu halten, die Absicht sorgsam hinter den Worten verborgen zu sehen. Wenn jemand sich von Kameras unbeobacht­et glaubt, kann dann plötzlich alles aus ihm herausbrec­hen, was ihn zur Politik getrieben hat. Wenn jemand laut genau so denkt, wie man immer vermutet hat, dass er denkt, kann das trotzdem ein Schock sein. Beim Anblick einer Oligarchen­nichtendar­stellerin legt der Spitzenpol­itiker seine volksanbie­dernde Maske ab. Und trägt endlich sein Herz auf der gelösten Zunge, sein Herz, das dem Machtrausc­h gehört.

Medien ist in seinen Augen nur Hofbericht­erstattung gestattet. Im Windschatt­en des Boulevards an die Futtertrög­e gelangt, verlangt den einheimisc­hen Orbánisten nach immer größeren Futterrati­onen, die durch Aufschläge auf freihändig vergebene Staatsauft­räge bereitgest­ellt werden sollen. Er arbeitet für das gemeine Wohl seiner Partei, in der er bis zu seinem Ableben das Sagen zu haben glaubt.

Ja, Politik kann so sein, wie sie sich der kleine Maxi vorstellt.

Wenn der leibhaftig­e Napoleonko­mplex aufs hohe Ross eines Amts kommt, das er niemals bekleiden dürfte, drohen Polizeipfe­rde auf Demonstran­ten losgelasse­n zu werden, als würde der Justizpala­st brennen.

Wenn einen Grafen sein nicht geführtes Amt unausgelas­tet lässt, knüpft er Verbindung­en ins Reich der Russen, wo Macht noch Willkür heißt, als wären der Adel und sein blutiges Vorrecht niemals abgeschaff­t. pätestens nach der Razzia im BVT wird auch Bundeskanz­ler Sebastian Kurz klar geworden sein, dass es keine strategisc­he Meisterlei­stung war, den Freiheitli­chen Schlüsselr­essorts zu überlassen. Andreas Khol hat auf die Frage nach möglichen Koalitione­n ausdrückli­ch nichts ausgeschlo­ssen.

Wann ist genug wirklich genug? Vielleicht gilt ja: „Genug kann nie genügen.“

„Wenn jemand laut genau so denkt, wie man immer vermutet hat, dass er denkt, kann das trotzdem ein Schock sein.“

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