Zwischen Zirkus und Fassbinder
Wo Theater im Stall kredenzt wird: Weißenbach ist zum 17. Mal Bühne.
Traktor raus, Theater rein. Es ist eine wundersame Transformation, die sich Sommer für Sommer in Weißenbach bei Haus im Ennstal beobachten lässt: Garagen werden ausgeräumt und zu feinen Spielstätten, frühere Kuhställe zum Ort herausfordernder künstlerischer Begegnungen. Das ist Theater zum Angreifen, pur und intensiv.
Auch auf systematisch Wiederentdecktes dürfen sich die Zuseher im Rahmen der Theatertage Weißenbach bis 2. August freuen. Wie bei Jula Zangger und Lena Westphal (gemeinsam als Julalena unterwegs), die sich am Eröffnungswochenende Rainer Werner Fassbinders 70er-jahre-klassiker „Die bitteren Tränen der Petra von Kant“vornahmen und ihn ins Zentrum ihres Diskurses über „Reproduktion“stellten. Das Thema der Uraufführung ist nicht nur hochaktuell – Stichwort Urheberrecht –, sondern auch facettenreich, wie die Künstlerinnen zeigen: von Sexualität bis Generika, von Huawei bis Youtube. Detailverliebt verschränken Julalena ihre Reprodukti
on des Films und den allgemeinen Diskurs zum etwas ungeschliffenen, aber klug arrangierten Vervielfältigungskoloss. Davor hatte der moderne Zirkus seinen Auftritt in Weißenbach: Hochcharmant jonglierte sich die „Compagnie Nie“durch ihr Programm, das zwischen Artistik und theatralem Witz zirkulierte. Ein Abend als Unikat – wobei eine Wiederholung wünschenswert ist.
Das 14-tägige Festival ist von Peter Fasshuber feinsinnig kuratiert. Der breite inhaltliche Bogen, der über die Theatertage Weißenbach aufgespannt wird, umfasst Klassiker ebenso wie Boulevard, Kinderstücke oder Neuen Zirkus: Nach dem Auftaktwochenende geht es am Mittwoch mit dem Theater Feuerblau weiter, bevor das Kölner Duo Thomas Hupfer und Achim Conrad seine Bearbeitung von Kafkas „Naturtheater von Oklahoma“präsentiert. Danach stehen noch das Hoftheater Präbach, club 3 aus Wien, Waltzwerk und das Theater Oberzeiring am Programm.