Fahrer verschrecken
Inzwischen weiß ich, dass das eine Erfahrung ist, die ich mit vielen Landkindern teile: Man wird von den Eltern das erste Mal mit in die Stadt genommen und kriegt vor lauter „Sgot! Sgot! Sgot!“-sagen kaum noch Luft, weil man stur sein Benimmwissen umsetzt: Auf der Straße wird jeder gegrüßt. Voll einfach beim Dreiradfahren zwischen Heuwiesen und Kukuruzäckern, deutlich strapaziöser beim Einsteigen in eine voll besetzte Straßenbahn.
Man gewöhnt sich das dann eh rasch ab; überhaupt wurden meine Sitten mit der Übersiedelung in den Urbanraum rasch robuster. Eine Zeit lang war ich nur mit Menschen befreundet, die sich ihre gute Erziehung auf keinen Fall anmerken lassen wollten; inzwischen erziehen
die meisten von ihnen selber Kinder und haben es ganz gern, wenn die sich benehmen können. Erhalten hat sich in meinem Freundeskreis aus jener Zeit aber eine Affinität zu Kosenamen, die von Außenstehenden nicht als solche identifizierbar sind: Narrischer, Goggerl, Oida, Tussi.
Letztens traf ich in der Stadt eine Freundin, die ohne ihren Mann unterwegs war. Als ich ihr über die Straße „He Tussl, wo hastn den Narrischen lassen?“zurief, wandten ein paar Passanten irritiert die Köpfe. Wahrscheinlich waren die vom Land. Das bin ich ja auch noch immer ein Stück. Bis heute grüße ich die Fahrer, wenn ich in die Straßenbahn einsteige, und mir kommt vor, die schrecken sich dann immer ein bisschen. UB