Was macht eigentlich die Übergangsregierung?
Es war ein bezeichnender Moment diese Woche: Die „Presse“hatte kommentiert, Bundeskanzlerin Brigitte Bierlein hätte einer Wiener Fotogalerie –„Westlicht“– die Verdopplung der Bundesförderung von 50.000 auf 100.000 Euro in Aussicht gestellt – und als Dank für die (Über-)lebenshilfe ein Porträt, aufgenommen mit einer historischen Kamera, erhalten.
So schnell konnten Medien, die die Geschichte zitierten, gar nicht schauen, erhielten sie einen Anruf aus dem Bundeskanzleramt: Stimmt nicht, die Gespräche über die Erhöhung der Bundesförderung seien bereits unter der vorigen Regierung geführt worden – und das geschenkte Foto werde, selbstverständlich, in Bundeseigentum übergehen, wie alle Gaben an die Bundeskanzlerin.
selbst Interviews zu Sachfragen werden nur äußerst spärlich gewährt. Eine eigene politische Agenda, wöchentliches Themensetzen, wie es die Republik seit Kreisky in dem Pressefoyer nach den Ministerräten gewohnt war? Fehlanzeige.
Nun könnte man sagen, das sei ja durchaus sinnvoll – in der Gewaltenteilung nach dem Ideal von Montesquieu steht die Exekutive, die ausführende Gewalt, klar unter der Fuchtel der Legislative, der gesetzgebenden. Nur dass diese Trennung in Österreich seit jeher keine absolute ist, sondern mehr eine von „checks and balances“, von Gewicht und Gegengewichten im Machtgefüge der Republik.
Der Regierung räumt die Bundesverfassung in diesem Gefüge eben auch die Möglichkeit ein, dem Parlament Gesetze vorzuschlagen – nicht zuletzt, so die historische Begründung, weil die Beamten, die sie ausführen müssen, eine gewisse Expertise haben, auch was die Gestaltung der Regeln anginge.
Praktisch sind diese „Regierungsvorlagen“in den vergangenen Jahrzehnten mit Abstand die häufigste Art gewesen, auf die Bundesgesetze entstanden sind – auch aus Machtgründen. Die Parteien sorgten dafür, inhaltliche und gesetzgeberische Kompetenz in den Ministerien zu bündeln, wo sie nur der jeweils regierenden Koalition zur Verfügung stand – statt im Nationalrat, wo ja auch die Oppositionsparteien darauf zurückgreifen hätten können. De facto wurde die Regierung, deren Kernauftrag die Ausübung der Gesetze war, durch diese Praxis ein wesentlicher Teil der Gesetzgebung.
Dieser Strom ist nun versiegt: Während Parteien im Wochentakt neue Gesetze aus dem Ministerrat ins Parlament schickten, hat die Regierung Bierlein seit ihrem Antritt Anfang Juni eine einzige Regierungsvorlage beschlossen: eine Novelle der Rechtsanwaltsund Notariatsordnung.
Und die besteht nur aus geringfügigen Anpassungen aufgrund der vierten Eu-geldwäscherichtlinie von 2015 – Anpassungen, mangels derer bereits ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Österreich läuft.
Ansonsten lesen sich die bisherigen acht Ministerrats-beschlussprotokolle der Regierung Bierlein ausnehmend trocken: Rechnungshofberichte und Landesgesetze, die zur
Kenntnis genommen werden; Staatsverträge, deretwegen Beamte zu internationalen Gremien bestellt werden; Tätigkeitsberichte aus den Ministerien und Zusammenfassung von Beschlüssen von Eu-gipfeln, bei denen die zwölf Regierungsmitglieder vorbereitete Beschlüsse mittragen.
So erklärt sich auch, dass Bierleins Minister mit weit weniger Kabinettsmitarbeitern auskommen als vorige Regierungen – gegenüber Kurz etwa mit nur der Hälfte: Wer weniger Politik macht, braucht weniger Mitarbeiter an der Schnittstelle zur Verwaltung.
Die nachhaltigste Entscheidung der Regierung Bierlein bisher dürfte die Nominierung Johannes Hahns zum EU-KOM