Singen war für mich immer eine Urfreude
Die Mezzosopranistin Bernarda Fink (63) ist mit fünf Geschwistern in Buenos Aires aufgewachsen. Die christlichen Werte sind für sie die Basis eines guten Lebens.
Da meine Eltern das kommunistische Jugoslawien verlassen mussten und nach Argentinien ausgewandert sind, bin ich in Buenos Aires geboren und aufgewachsen. Die christliche Erziehung, unsere slowenische Herkunft sowie Kultur im breitesten Sinne, war meinen Eltern sehr wichtig. Und, dass wir gute, ehrliche und anständige Menschen werden.
Die schönen Erinnerungen an die 30 Jahre, die ich in Argentinien verbracht habe, und an alles Wunderbare, was mir dieses Land gegeben hat, sind unauslöschlich. Bernarda Fink
Als ich jung war, habe ich meiner Mutter einmal vorgeworfen, sie hätte uns erzogen, als wären wir in ihrer Zeit in Ljubljana gewesen. Unsere Realität in Argentinien schien mir so viel anders. Meine Mutter hat unter Tränen geantwortet, dass sie nur weitergegeben habe, was sie von ihrer Mutter bekommen hat. Damals war ich schockiert, heute versteh ich sie so gut. Sie konnte nicht anders. Von uns wird aber viel mehr gefordert. Die Welt hat sich geändert, die Werte aber nicht. Diese Grundwerte haben wir versucht unseren Kindern weiterzugeben.
Natürlich war es auch ein wichtiger Bestandteil unserer Erziehung, dass darüber gesprochen wurde, wieso die Eltern ausgewandert sind. Zu Hause wurde Slowenisch gesprochen, wir sechs Geschwister sangen slowenische Lieder, wir besuchten samstags die slowenische Schule und nahmen an kirchlichen, kulturellen und sportlichen Veranstaltungen unserer Gemeinschaft teil.
Singen war für mich immer eine Urfreude, im Unbewussten. Ich habe 15 Jahre in slowenischen Chören gesungen und es gab keine Familienfeier ohne Gesang. Nach der Matura studierte ich aber zuerst vier Jahre Erziehungswissenschaften, bis ich meinen Durst nach Musik unerträglich spürte. Eine Annonce in der Zeitung hat mich zum Instituto Superior de Arte des Teatro Colon gebracht, wo ich dann studiert habe und Opernsängerin wurde. Das hätte ich mir noch kurz davor nie gedacht. Dies war für alle eine Überraschung, auch für meine Eltern, die etwas ängstlich meinen Weg mit einiger Distanz begleitet haben.
Mein Bruder Marcos Fink ist ebenfalls Sänger geworden, aber unsere Wege sind völlig verschieden. Schon im Chor war er immer Solist, was ich selten gewesen bin. Wir hatten verschiedene Charaktere. Er hat ein großes Naturtalent für Gesang und Bühne. Trotzdem studierte er Bodenkultur und wurde Ingenieur der Agrarwissenschaften. Diesen Beruf hat er fast 20 Jahre als Dozent auf der Universität in Buenos Aires ausgeübt. Singen war für ihn ein leidenschaftliches Hobby, bis er nach einem Vorsingen am Salzburger Landestheater, als ich schon längst hier war, den Riesensprung nach Europa gemacht hat. Er hat sich fortan nur mehr dem Gesang gewidmet und hat eine wirklich schöne Karriere gemacht. Er musste sich bei den Eltern nicht mehr durchsetzen wie ich.
Vieles von dem, was ich von meinen Eltern bekommen habe, ist auch mir wichtig. Die christlichen Werte sind für mich die Basis eines guten Lebens. Die