Die Dorfzeitung
Noch lange bevor es Social Media gab, gab es bei uns im Ort und wohl in jedem die Dorftratschen. Die waren zwar nicht ganz so bösartig wie die unsozialen Medien, aber sie konnten auch ganz schön biestig sein. Frau B. und Frau Z. selig waren die Speerspitze des örtlichen Nachrichtenund Gerüchtegeschwaders. Wo auch immer sie etwas aufschnappten, schnappten sie blitzschnell zu und trugen das Gehörte allen zu, die es hören wollten oder nicht.
Mein Großvater selig, in seinen jungen und mittleren Jahren ein ausgefuchster Zottel vor dem Herren, der seine Tage und vor allem Nächte gerne in übel beleumundeten Dorfspelunken zubrachte, lieferte naturgemäß willkommenes Trat
schmaterial für Frau B. und Frau Z. selig. Sprich, wann auch immer Opa selig einen Umfaller hatte, fielen die beiden Damen über den Gestrauchelten her und sorgten dafür, dass jeder im Dorf wusste, was Opa selig wieder angestellt hat.
Der Wein war damals hantig, aber die Rache immer schon süß. Als es Opa selig leid war, ständig als Hauptnachricht herhalten zu müssen, kam er auf die gewitzte Idee, die beiden Laienreporterinnen mit Fake News zu versorgen. Frau B. und Frau Z. verbreiteten diese natürlich in Windeseile, mussten dann aber bald die Redaktion schließen, weil ihnen niemand mehr glaubte. Und Opa selig konnte wieder seelenruhig in den Dorfspelunken untertauchen. BM