Wie viel Wahrheit braucht die Demokratie?
während Besonnenheit selten Gehör findet. Der politische „Mitbewerber“kann sagen, was er will – er hat von vornherein unrecht.
Klimawandel? Eine Erfindung der Grünen! So tönte es lange Zeit. Die Reichen werden immer reicher, die Armen immer ärmer? So reden bekanntlich nur Sozis und Kommunisten. „Gebt Gas, ihr alten Germanen, wir schaffen die siebte Million …“: Antisemitismus in den nationalen Burschenschaften? Unsinn, höchstens da und dort ein Ausrutscher, wird aber nicht wieder vorkommen!
Ich musste zugeben: Unsere Politiker hatten nicht erst von Donald Trump & Co. ihre Lektion gelernt. „Fake News“– ein Klassiker. Unliebsame Autoritäten rückte man seit jeher in ein schiefes Licht. Sogar die Höchstgerichte werden, wenn’s sein muss, der Parteilichkeit geziehen – ein brandgefährlicher Vorwurf. Mit dem Zweifel an der Wahrheitstreue der Hoheitsträger, bis hinauf zum Bundespräsidenten, wird der Rechtsstaat diskreditiert. ierzulande befinden wir uns unter dem Eindruck des berüchtigten Ibiza-videos, das bereits vom Juli 2017 stammt. Das Video zeigt zwei berauschte Spitzenpolitiker, während sie – grob gesprochen – unsere Demokratie an einen russischen Oligarchen verkaufen möchten. Ihre Partei wurde, wie Umfragen zeigen, vorläufig kaum beschädigt. Und auch die Ibizaakteure kamen im Stammwählerurteil glimpflich davon, obwohl ihre langjährige Sauber
Hmannattitüde eine Maskerade war: ein Lügengespinst ohne schlechtes Gewissen über die eigene Verkommenheit.
Es ließen sich Vorfälle aus anderen Parteien nennen, was Postenschacher, verbotene Geldannahme und unterschiedliche Versuche angeht, Machinationen zu verschleiern. Noch immer steht im Raum, warum vor einigen Monaten ein Mitarbeiter des Bundeskanzleramtes einen ansonsten üblichen Vorbelt,
aussehen ließ, als ob unangenehme Wahrheiten „entsorgt“werden sollten: Unter falschem Namen wird die Firma Reisswolf beauftragt, fünf amtliche Festplatten zu schreddern, nicht ein Mal, nicht zwei Mal, nein, gleich drei Mal …
Und nun die eigentliche Frage: Kann eine Demokratie, zumal eine liberale, unter solchen Bedingungen auf Dauer funktionieren, ohne „illiberal“zu werden? Gewonnen hätte dann