Kleine Zeitung Steiermark

„Ich wurde durch den ,Club der Denker‘ Teil der Kirche“

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Heute tritt Michael Chalupka das Amt des evangelisc­hen Bischofs an. Ein Dialog über seine Kindheit in Graz, die Kirche im Jahr 2019 und den (freien) Karfreitag.

´Von Michael Kloiber

aktiv am Leben teil. Durch sie erfahre ich immer noch sehr viel aus meiner Heimat. Meine Kindheit habe ich in der Annenstraß­e verbracht, in einem 60er-jahre-neubau. Es war eine Zweizimmer­wohnung, in der wir zu viert gelebt haben.

Ihr einstiges Zuhause, sei zu einem Brennpunkt geworden. Wie hat sich die Gegend verändert?

Vor allem von den Bewohnern und deren Herkunft her. Die sozialen Spannungen gab es aber damals schon. Es gibt eben bestimmte Viertel, wo Menschen mit geringem Einkommen oder Zuwanderer zuerst ankommen. Daher hat man bereits in meiner Jugendzeit eine soziale Teilung von Graz durch die Mur wahrgenomm­en. Meine Mutter zum Beispiel ist im Lend aufgewachs­en – für neun Kinder und die alleinerzi­ehende Frau, also meine Oma, gab es zwei feuchte Zimmer und eine Küche.

Sie gelten als Sozialexpe­rte, hat die Zeit in Graz Sie in dieser Hinsicht geprägt?

Ja. Vor allem die Herkunft meiner Familie, die Themen Krieg und Nazizeit waren präsent, da wird man sensibel. Ich habe viel mitbekomme­n von Armut, Flucht und Neuanfang. Mein Vater zum Beispiel stammt aus einer slowakisch­en Minderheit in Serbien. Er war erpicht darauf, perfekt Deutsch zu sprechen, und hatte immer ein Liliput-wörterbuch mit Lupe bei sich, weil er keinen um Hilfe fragen wollte. Beides habe ich aufgehoben, es ist eine sehr prägende Erinnerung für mich.

Sie viele Sorgen der Gläubigen mit. Wo drückt aktuell besonders der Schuh?

Es ist der Umgang mit den Kleinsten, den Kindern bis 6 Jahre. Immer mehr Aufgaben der Bildung – etwa die Sprachkenn­tnisse – werden auf die Kindergart­enpädagoge­n abgeladen. Die Struktur, die Finanzieru­ng und Ausbildung hinkt da aber leider weit hinterher.

Ein Thema, das auch viele bewegt, ist die Klimakrise. Nach Ihrer Wahl zum neuen evangelisc­hen Bischof haben Sie sich für den Umweltschu­tz starkgemac­ht. Was kann die Kirche zu diesem weltlichen Thema beitragen?

Man muss sich bewusst machen, dass die Erde nicht unser Eigentum ist. In der Schöpfungs­geschichte heißt es, wir dürfen sie bewohnen und verändern, müssen sie aber bewahren. Sie ist uns anvertraut, man hat sie uns geliehen – das muss man den Menschen wieder bewusst machen. Alleine können wir die Situation nicht ändern, aber wir werden getragen und können gemeinsam die Kraft daraus ziehen, den Klimawande­l einzudämme­n.

evangelisc­he Wir selbst versuchen den Co2ausstoß unserer Gebäude und Autos zu verringern. Es gibt

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