Die Macht an der Spitze wird aufgeteilt
Ursula von der Leyen stattet die Eu-kommission mit gleich acht Vizepräsidenten aus. Österreich bekommt mit Budget und Verwaltung eines der Schlüsselressorts.
Der große Auftritt, der Ursula von der Leyen im Juli im Eu-parlament gelungen war und der ihr dort die vielleicht entscheidenden Stimmen eintrug, diesen Auftritt schaffte sie gestern ein weiteres Mal. Im graublauen Dunkel auf der Bühne des riesigen Pressesaals im Kommissionsgebäude wird sie im coralfarbenen Kostüm sofort zur Lichtgestalt. In drei Sprachen, ohne sich ein einziges Mal zu verhaspeln, präsentiert sie zuerst die Ressortaufteilung und Augenblicke später die Köpfe dazu.
In klaren Worten und fast immer lächelnd erklärt sie, als das Raunen abgeklungen ist, warum sie die oberste Ebene des Führungsgremiums weiter ausgebaut hat. Statt zwei gibt es drei Exekutiv-vizepräsidenten, dazu kommen fünf weitere „Vizes“, die alle aber noch ein eigenes Portfolio haben. Neben Margrethe Vestager (Dänemark) und Frans Timmermans (Niederlande), die im EUEIN
Wahlkampf ebenfalls Junckernachfolger werden wollten, rückt Valdis Dombrovskis (Lettland) auf. Unter den weiteren fünf Vizepräsidenten ist auch Margaritis Schinas (Griechenland), bisher Chefsprecher der Juncker-kommission.
Von der Leyen stellt fest, dass fast alle der großen Themen ressortübergreifend zu sehen seien und dass man dafür Koordinatoren brauche. In der Tat: Nimmt man eines ihrer Hauptthemen, „Klimaschutz“, so geht das fast alle Ressorts etwas an. Gemeinsam statt gegeneinander lautet also die Devise.
Johannes Hahn, Österreicher mit zehnjähriger Erfahrung als Kommissar, hat ein Schlüsselressort bekommen, das ebenfalls alle betrifft: Budget und Haushalt, Erbstück vom Deutschen Günther Oettinger, gilt als Auszeichnung für Hahn und sein Heimatland. Der einstige Novomatic-manager ist zwar kein Vizepräsident, im Organigramm
aber ebenso wie die anderen hervorgehoben: Er ist direkt der Präsidentin unterstellt.
Geduldig, fast zwei Stunden lang, beantwortet von der Leyen nach der Präsentation die Fragen der Journalisten. Was es etwa mit dem neuen Verteidigungsressort auf sich habe, das der Französin Sylvie Goulard, die auch für den Binnenmarkt zuständig ist, zugedacht ist und das eine eigene, neue Generaldirektion bekommt, wird sie gefragt. Es sei Zeit für eine europäische Verteidigungsunion, so die Antwort – nicht als Pendant zur Nato, sondern um Forschung und Entwicklung ebenso wie den Einkauf zu bündeln.
eigenes Afrika-ressort, wie oft gefordert, habe sich als nicht sinnvoll erwiesen; das wirke „diskriminierend“. Von der Leyen will eine „entschlossene“Kommission, im Vordergrund stehen Klimaschutz, Bewahren der „Europäischen Lebensart“und Themen wie Rechtsstaatlichkeit und Demokratie. Der „Grüne Deal“ist ganz oben bei Frans Timmermans angesiedelt, der auch als eine Art Mentor für den Jüngsten im Kreis, den 28jährigen Litauer Virginijus Sinkevicˇius, fungieren soll, der für „Umwelt und Meere“zuständig ist. Von der Leyen spricht von papierlosen „digitalen Sitzungen“und einem Eindämmen der Verordnungsflut – jede neue soll eine alte ersetzen.
Die Reaktionen aus den Mitgliedsländern und aus dem Euparlament fallen wohlwollend aus. Ursula von der Leyen hat eine neue Dynamik in die größte Behörde Europas gebracht. An Bewährungsproben wird es nicht mangeln.