Sie soll schauen, dass es dem Euro gut geht
Immer wieder war sie die erste Frau an der Spitze. Nun auch in der EZB.
Als sie gestern eine Hürde für den neuen Job nahm, war sie gar nicht anwesend. Das Europaparlament in Straßburg sprach sich mit Mehrheit dafür aus, dass Christine Lagarde Chefin der Europäischen Zentralbank (EZB) werden soll. Lagarde war terminlich verhindert, der Befund des Parlaments ist nicht verbindlich, doch gilt er als wichtiger Stimmungsindikator und der schlägt eindeutig für die Französin aus.
Kritiker hatten angemerkt, den EZBJOB habe sie bloß dem Deal von Emmanuel Macron und Angela Merkel zu verdanken, damit die Deutsche Ursula von der Leyen Kommissionschefin werden konnte. Merkel lieferte auch gleich die Job Description: „Alles tun, dass es dem Euro gut geht.“Lagarde hat allerdings schon früh ihre Eignung für Spitzenjobs gezeigt. Sie war erste Chefin der Anwaltskanzlei Baker Mckenzie, erste französische Wirtschaftsministerin, erste Frau an der Spitze des Internationalen Währungsfonds (IWF) und nun erste Ezb-chefin.
Unrühmliche Schlagzeilen gab es, als ein Gericht sie für schuldig befand, als Finanzministerin fahrlässig zur Veruntreuung von 400 Millionen Euro beigetragen zu haben (es ging um den Verkauf von Adidas). Strafe gab es nicht – bald hieß es, sie habe bloß die Schuld auf sich genommen, um Präsident Sarkozy zu schützen. Wenn Lagarde im November für acht Jahre die Ezb-leitung von Mario Draghi übernimmt, ist sie allerdings die erste Chefin, die zuvor keine nationale Zentralbank leitete. Eine radikale Kehrtwende zu Draghis Geldpolitik ist nicht zu erwarten. „Zu wissen, wie man Decken durchbricht, ist wichtig“, hat Lagarde einmal mit Blick auf die unsichtbaren Glasdecken gesagt, an die Frauen oft stoßen. Andreas Lieb, Straßburg