Was fehlt, sind die Hoffnungsträger
Der Countdown zur Wahl läuft und alle haben bereits die Nase voll von Ibiza, Schreddern, Parteienfinanzierung und Datenklau. Schließlich geht es in der Politik um den Wettbewerb der besten Ideen. Nicht um die beste Präsentation bei inszenierten Duellen und auf Plakaten. Oder noch schlimmer um den geschmacklosesten Untergriff bei Parteitag- und Bierzeltreden. Doch so einfach läuft das Geschäft in der Politik offenbar nicht. Es geht vorrangig um Aufmerksamkeit und das Vertrauen der Wähler. Und um die Motivation, in elf Tagen trotz angesagter Hitzewelle ins Wahllokal zu pilgern. Daher wiederholen alle Kandidaten gebetsmühlenartig ihre dürftigen Botschaften: Klarheit, Menschlichkeit, Heimattreue, Comeback oder Besseres.
In diesem Wahlkampf fehlen nicht die Themen oder die Vorschläge der einzelnen Parteien zu Umwelt, Integration, Gesundheit oder Bildung. Dazu finden sich in den einzelnen Programmen zahlreiche Sätze. Wir müssen uns nur die Zeit nehmen, um sie zu lesen, auch wenn uns bei der sechsten bundesweiten Wahl in nur 41 Monaten ein wenig die Luft ausgeht. Was fehlt, sind die großen Erzählungen von Wende und Chancen, von Mut und Verlässlichkeit. Daher verharrt der Wahlkampf in einem Klein-klein und bei sturen, laufend ohne Zusammenhang angebrachten Stehsätzen. as fehlt, sind die Hoffnungsträger, wie Sebastian Kurz vor zwei Jahren, von dem sich viele eine bessere Zukunft versprachen. Doch nach dem Ende von Rot-schwarz folgte rasch der Abgang von Türkis-blau. Jetzt fehlt uns allen die Phantasie für weitere Farbkonstellationen. Noch haben wir elf Tage Zeit, um Unterschiede und Schnittmengen der Wahlprogramme genauer unter die Lupe zu nehmen. Es braucht beides. Die Unterschiede helfen uns bei der Wahlentscheidung. Die Schnittmengen helfen den Parteien, nach dem Wahltag eine Regierung zu bilden. Egal, wer am Ende daran teilnimmt: Wichtig ist, dass wir wieder an Politik glauben können und nicht den Experten auf der Regierungsbank nachtrauern müssen.
Kathrin Stainer-hämmerle lehrt Politikwissenschaften an der Fachhochschule Kärnten
„Was in diesem Wahlkampf fehlt, sind die großen Erzählungen von Wende und Chancen, von Mut und Verlässlichkeit.“
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