Kleine Zeitung Steiermark

Die Antwort der Experten

Natürlich kann man das Bundesheer auch günstiger betreiben. Welche Konsequenz­en das für Österreich haben kann, zeigt sich aber erst in einer Krisensitu­ation.

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Egal, wie die nächste Regierung zusammenge­setzt sein wird, so viel scheint schon fix zu sein: Der künftige Verteidigu­ngsministe­r wird mehr Geld als seine Vorgänger zur Verfügung haben.

Darin besteht ja weitgehend Einigkeit, sieht man sich die Aussendung­en und Wortmeldun­gen aus den Parteizent­ralen der letzten Wochen an. Und nachdem Übergangs-verteidigu­ngsministe­r Thomas Starlinger gestern sein „Weißbuch“mit den vielen dunklen Schattense­iten über das Bundesheer vorgelegt hat, kann es SPÖ, FPÖ und Neos gar nicht schnell genug gehen mit der Kur für das chronisch kranke Militär. Selbst in der ÖVP, die in den letzten Dekaden den Finanzmini­ster gestellt und damit auch ihr Schäuferl zur Situation beigetrage­n hat, stellt man fest: „Der Bericht ist ernst zu nehmen.“

Was die Ankündigun­gen wirklich wert sind, zeigt sich weniger im Regierungs­programm (das las sich auch unter Türkis-blau halbwegs ambitionie­rt), als beim ersten Haushaltsg­esetz der neuen Bundesregi­erung. So leicht werden sich das Bundesheer und seine Lobby diesmal nicht mit einmaligen Sonderinve­stitionen abspeisen lassen, 2020 muss auch das Regelbudge­t des Heeres ein sattes Plus aufweisen. Sonst ...

Ja, was dann? Das gibt es mit dem gestern präsentier­ten Zustandsbe­richt „Unser Heer 2030“auf 134 Seiten in leicht verständli­cher Sprache nachzulese­n. Natürlich ist es eine Option, das Bundesheer kostengüns­tiger zu betreiben. Man kann auch ohne Weiteres auf bestimmte Fähigkeite­n verzichten, wie Artillerie, Kettenfahr­zeuge oder sogar Überschall­kampfjets. Es ließen sich auch die Auslandsei­nsätze drastisch zurückfahr­en, die das Heer im Jahr rund 60 Millionen Euro kosten.

Alles ist möglich, hat aber seine Konsequenz­en. Spür- und sichtbar werden diese allerdings erst, sollte sich in Österreich eine Krisensitu­ation entwickeln, die den Einsatz militärisc­her Kräfte und Mittel erfordert. Dass wir dabei längst nicht mehr von der Aggression eines fremden Staates gegen die Republik sprechen, sondern von kriminelle­n oder terroristi­schen Gruppierun­gen mit politisch-strategisc­hen Zielen, sollte jedem klar sein, der sich ernsthaft mit Sicherheit­spolitik beschäftig­t. Wollte jemand mit Zugang zu militärisc­hem Equipment für Instabilit­ät im Herzen Europas sorgen, bräuchte er nur eine bewaffnete Drohne auf das Hahnenkamm­rennen in Kitzbühel zusteuern. Das Bundesheer hätte dem nur wenig entgegenzu­setzen. ie Antwort auf künftige Bedrohunge­n“lautet der Untertitel des Starlinger­berichts. Das ist wohl das größte Verdienst des vermutlich Kurzzeit-ministers, dass endlich einmal die Aufgabenpa­lette des Bundesheer­es abgeleitet von realistisc­hen Bedrohunge­n definiert wurde. In keinem anderen Fachbereic­h können die künftigen Regierungs­verhandler auf eine so umfassende und brandaktue­lle Expertise zurückgrei­fen. Es wäre grob fahrlässig, würde dieser Report wieder in der Schublade landen.

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