Tunesien: Professor gewinnt das Duell der Außenseiter
Bei der Präsidentenwahl gewinnt der konservative Verfassungsjurist Kaïs Saïed mit großem Vorsprung.
Bis tief in die Nacht hinein feierten seine Anhänger mit Hupkonzerten und Autokorsos. Der neue Präsident Tunesiens heißt Kaïs Saïed.
Nach ersten Hochrechnungen des privaten Sigma-instituts konnte sich der pensionierte Verfassungsrechtler in der Stichwahl um das Präsidentenamt am Sonntag mit 76,9 Prozent haushoch gegen seinen Konkurrenten, den Medienmogul Nabil Karoui, durchsetzen, der auf 23,1 Prozent kam. Auch die Wahlbeteiligung bei dieser letzten Etappe des tunesischen Superwahljahres lag mit über 57 Prozent höher als bei der ersten Runde Mitte September (49 Prozent der 7,2 Millionen Wahlberechtigten). Bei der Parlamentswahl letzte Woche waren es nur 41,3 Prozent.
Ausschlaggebend für den Sieg des 61-Jährigen dürften seine Popularität bei den Jungen, die Unterstützung der islamisch-konservativen Ennahda sowie sein Auftreten bei der Tvkandidatendebatte gewesen sein, welche am Freitag eine Rekordzahl von 6,4 Millionen Tunesiern am Bildschirm verfolgte. Viele Wähler waren danach überzeugt, dass das öffentliche Wohl des Landes bei einem Staatschef Kaïs Saïed in guten Händen ist, dem die Tunesier wegen seines gestelzten Hocharabisch und seiner oft regungslosen Mimik den Spitznamen „Robocop“gegeben haben. Im Wahlkampf verzichtete er auf große Kundgebungen, nahm keinerlei Wahlkampfgelder an und ging von Haus zu Haus. „Ich bleibe unabhängig, und ich sterbe unabhängig“, deklamierte er in seinem Schlusswort der Fernsehdebatte. Martin Gehlen, Tunis
Kaïs Saïed ist bei den Jungen populär