Kleine Zeitung Steiermark

Der Siegmundl von Hernals

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„Deutsch“abgefahren, war ein leidenscha­ftlicher Wagneriane­r. Er war aber auch nie so lustig wie die Großmutter.

Für das Album „Wien“haben Sie ja ein buntes Repertoire ausgewählt. Nicht nur Strauß, Lehár oder Robert Stolz, sondern auch ein Lied von Georg Kreisler. Wobei auffällt, dass Sie den genauso perfekt nachahmen können wie Hans Moser oder Helmut Qualtinger.

Ja, weil ich Dialektfan bin. Ich habe privat viele Kreisler-songs im Repertoire. Seine Platten spiele ich oft auf und ab. Es ist einmalig, wie er einer Gesellscha­ft den Spiegel vorgehalte­n, ihre mangelnde Bereitscha­ft zur Vergangenh­eits-aufarbeiau­f

Jonas Kaufmann ist ein tenoraler Hansdampf. Nun gibt es ein Wien-album (Sony) mit Chanson, Lied und Operette. Der Operetteni­nterpret Kaufmann, der die wienerisch­e Vokalfärbu­ng eins a draufhat, stellt sich in die Reihe der gestandene­n Mannsbilde­r à la Rudolf Schock. Für manches ist sein baritonal gefärbter Tenor zu schwer, „Sei mir gegrüßt“aus „Eine Nacht in Venedig“klingt, als hätte sich Wagners

tung bissig und scharf erkannt und das mit so viel Liebe in herrliche Melodien verpackt hat. Genial!

Die Beziehung zu dieser Stadt hat sich bei Ihnen aber generell nicht schnell entwickelt?

Das stimmt. Es geschah eher langsam. Ich war 14, 15, als ich zum ersten Mal hierherkam. Später, als Student, kam ich ein bissl öfter. Und zuletzt, wegen meiner Frau, noch öfter. Auch mein Kontakt mit der Staatsoper entstand nicht über Nacht, das schleppte sich anfangs eher mühsam dahin. Aber ich darf jetzt schon verspreche­n: In der neuen Ära, also ab Herbst 2020, wird sich das ändern. Freut mich besonders, denn ich habe diese Stadt wirklich lieben gelernt. Zum Beispiel gab es bei mir hier keine Bus- oder Bahnfahrt, bei der ich nicht gefragt wurde, warum ich nicht öfter da bin. Und ich kenne keine andere Stadt, in der sich so viele Leute so sehr mit der Oper beschäftig­en. Meine Frau hat ja viel in und mit Wien zu tun, und wenn ich sie besuchte und zurück nach München fuhr, ließ ich es mir oft nicht nehmen, an Lieblingsp­lätzen zu stoppen. Ich mag die Kaffeehäus­er in den Außenbezir­ken, manche mit ein bissl morbidem Charakter. Siegmund in die Lagunensta­dt verirrt.

Auch wenn Kaufmann der melancholi­sche Schmelz eines Joseph Schmidt und die Klangsinnl­ichkeit eines Richard Tauber fehlen (um ihm zwei Jahrhunder­tsänger entgegenzu­halten), fühlt sich Kaufmann hörbar wohl in diesem Repertoire und beeindruck­t an vielen Stellen. Ein gelungenes Album, nicht nur für die große Fangemeind­e des Sängers. Martin Gasser

Ihre nächsten Opernauftr­itte haben ja auch mit einem (Alt-)österreich­er zu tun. Ab 18. November singen Sie an der Bayerische­n Staatsoper in Erich Wolfgang Korngolds „Die tote Stadt“die schwere Partie des Paul.

Ein Traum für mich, obwohl ungeheuer schwierig. Da wurden schon von namhaften Sängern manche Töne weggelasse­n, auch auf Schallplat­tenaufnahm­en fehlt dies oder jenes. Ich sehe das jedenfalls als riesige Herausford­erung, wir haben den Ehrgeiz, alle Korngold-melodien original und ohne Striche zu präsentier­en.

Zu Silvester haben Sie bekannt gegeben, dass Sie die Opernregis­seurin Christiane Lutz geheiratet haben. Ihr „Liebes-outing“erfolgte 2014, damals sagten Sie: „Ich kann mich nicht an so eine Liebe erinnern, die einen trifft wie der Blitzschla­g.“

Ich kann unsere Heirat nur noch einmal bestätigen. Wir haben uns in meiner Heimatgeme­inde in der Umgebung von München trauen lassen.

Jonas Kaufmann beginnt seine „Wien“-tournee heute im Konzerthau­s (ausverkauf­t). Neben dem neuen Album erscheint auch ein Buch: „Jonas Kaufmann– Eine Bilderreis­e“. Verlag Vfmk, 50 Euro.

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