Kleine Zeitung Steiermark

Familienme­nsch und ganz normaler Moslem

- Von Alfred Lobnik

Die Söhne eines Angeklagte­n im Grazer Jihadisten-prozess können nur das Beste vom Vater sagen. Ein anderer weiß gar nichts.

Langsam geht der Jihadisten-prozess im Schwurgeri­chtssaal des Landesgeri­chts Graz in die Schlussrun­de. Gestern waren noch Zeugen – darunter ein prominente­r – am Wort. Heute ist Sachverstä­ndigentag. Danach folgen die Plädoyers, mit dem Urteil ist am Donnerstag zu rechnen.

Unter Ausschluss der Öffentlich­keit wurden gestern zunächst Ermittlung­sbeamte befragt. Und sie haben klargestel­lt: Alle Beschuldig­ten wurden bei ihren Aussagen, die sie jetzt zum Teil zurücknehm­en, über ihre Rechte belehrt (Anwalt, Dolmetsche­r) und sie konnten ihre Aussagen durchlesen und kontrollie­ren, bevor sie sie unterschri­eben haben. Kein Kommentar der Angeklagte­n.

Unter scharfer Bewachung vermummter Justizwach­ebeamten wird Mirsad Omerovic vorgeführt. Der Wiener Prediger mit dem Kampfnamen Ebu Tejma sitzt eine 20-jährige Haftstrafe wegen terroristi­scher Straftaten in der Justizanst­alt Stein ab, zu der er in diesem Saal verurteilt wurde.

„Von den Angeklagte­n“, erklärt er in hilfsberei­tem Ton, „kenne ich keinen.“Auch den Namen des Erstangekl­agten kennt er nicht, den Linzer Glaubensve­rein „Rahmet“auch nicht. So geht es weiter: „Ich erinnere mich nicht ... glaube nicht ... weiß nicht ... kenne ich gar nicht ... sagt mit nichts ... Daran kann ich mich leider nicht erinnern.“Es geht sehr bald wieder heim nach Stein: „Auf Wiedersehe­n.“

Die Söhne des Zweitangek­lagten sind auf Antrag des Verteidige­rs geladen. Erwartungs­gemäß sagen sie viel Gutes über den Vater, den Rahmet-obmann: „Er ist Moslem, ja, ganz normal, er tut fünf Mal am Tag beten und arbeiten wie ein Viech.“

Beide Söhne werden mit einer Aussage des Vaters nach seiner Verhaftung konfrontie­rt, dass er an die Scharia glaube, dass man Dieben die Hand abhacken müsse und dass ein Moslem nur ein echter Moslem sei, wenn er (radikal konservati­ver) Salafist sei. Aber so etwas wurde in der Familie nie besprochen, so etwas ist ihnen auch im Verein nie aufgefalle­n.

Dem ersten Sohn erlaubt die Justizwach­e, den Vater zum Abschied zu umarmen. Der zweite redet sich in so einen Wirbel, dass ihn das Gericht mehrmals daran erinnert, dass falsche Beweisauss­age strafbar ist.

Heute sind ein Wiener Professor für islamische Religionsp­ädagogik und ein deutscher Experte für islamistis­chen Terrorismu­s am Wort. Danach folgt am Nachmittag das Schlusswor­t des Staatsanwa­ltes.

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