Die Wochenkritik der Tagespolitik
p rofil“gegen
„Falter“: Dieses Scharmützel beschäftigt die Spezial-öffentlichkeiten von
Twitter, Fachblättern und Newslettern. Unausgesprochen geht es darum, was mehr Gewicht hat.
Das „profil“ist ein 1970 gegründetes Magazin. Erst monatlich, dann 14-täglich, erscheint es seit 1974 wöchentlich. Der „Falter“ist ein 1977 entstandenes Wiener Stadtblatt, das seine Schlagzahl 1987 verdoppelt hat und seitdem als Wochenzeitung firmiert. Die Unterschiede von Zeitung und Magazin zeigen sich mittlerweile bloß noch im Format und den Papierqualitäten. Die einst genretypischen Textsorten gibt es heute von der langen Reportage bis zum großen Kommentar da wie dort – und auch in vielen täglich erscheinenden Printmedien. Doch die Geschichte des „Falters“als einstiges Sprachrohr der alternativen Szene ist durch seinen Programmteil, zahlreiche Kolumnen, die Themenwahl und -aufbereitung ständig präsent. So wie das „profil“seine Herkunft als klassisches Nachrichtenmagazin erkennbar pflegt.
Trotz Wochenrhythmus von tagespolitischem Gewicht: In dieser Liga war „profil“in Österreich lange so unangefochten wie der „Spiegel“in Deutschland. Zumindest diesen Führungsanspruch unter den „Weeklys“hat es gegenüber „Format“und „News“ähnlich gut verteidigt wie er kontra „Focus“und „Zeit“. Doch während der „Spiegel“schon vor 25 Jahren begann, auch online eine Macht zu werden, hat das „profil“die Digitalisierung verschlafen. In einer Ära von Breaking News für Massenpublikum in Echtzeit und von Tageszeitungen in opulentem Magazinstil benötigt aber gerade die wöchentliche Welterklärung eine markeneigene aktuelle Vorbereitung. ls „Falter“-chefredakteur Florian Klenk schon zum Social-media-star wurde, baute „profil“-herausgeber Christian Rainer weiterhin auf Leitartikel für Papier und Netz. So wie sein Kollege Armin Thurnher beim „Falter“. Doch der verfügt seit Klenks Rückkehr von der „Zeit“
2007 über einen derart starken Aufdeckungsjournalisten, wie ihn „profil“seit Alfred Worms Abgang 1994 zu „News“nicht mehr hat.
Der „Falter“ist heute relevanter. Das liegt am investigativen Personal und an der digitalen Strategie. Die Mediaanalyse bestätigt ihm zumindest in Wien auch erstmals mehr Leser als dem „profil“. Wenn dieses nun – parallel zu seinem Verkauf von der VGN Medienholding an den „Kurier“– die eigene Unabhängigkeit preist und die Positionierung des „Falters“schmäht, wirkt das nahezu verzweifelt. Medienberater Peter Plaikner
APeter Plaikner ist Politikanalyst und Medienberater mit Standorten in Tirol, Wien und Kärnten.