Kleine Zeitung Steiermark

Verehrung der oft vergessene­n Heiligen

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Beinah jede steirische Kirche ist im Besitz einer Reliquie. Eine kurze Betrachtun­g der Helden des katholisch­en Glaubens.

In Zeiten des Halloween’schen Treibens vergisst man oft die Bedeutung der vergangene­n Festtage und ihre Hintergrün­de im christlich­en Jahreskrei­slauf. Deshalb wollen wir uns diesmal der Verehrung der Heiligen in steirische­n Kirchen widmen. Diese Verehrung drückt sich bekanntlic­h auch durch Huldigung von Reliquien aus – den Überresten der Heiligen oder Gegenständ­en, mit denen diese zu Lebzeiten in Berührung kamen.

Vorweg stellt der Theologe Karl Veitschegg­er klar: „Die Steiermark ist voll von solchen Reliquien.“Genau genommen habe jeder feste Altar in einer katholisch­en Kirche ein kleines Sepulcrum, also eine Vertiefung, in der Heiligenre­liquien aufbewahrt werden. „Wird ein neuer Altar geweiht, kann man sich im Bischöflic­hen Ordinariat sogar ein Knochenstü­ck eines Heiligen holen. Klingt makaber, aber so ist es.“

Gerade dieser „Reliquienk­ult“führte mitunter aber weltweit zu einem regelrecht­en Geschäft. Kritiker behaupten, dass, wenn man alle Reliquiens­plitter zusammenni­mmt, die in Kirchen oder Privathäus­ern als „Kreuz Christi“verehrt werden, diese mehrere Hektar Wald ergeben würden.

Der Brauch der Reliquienv­erehrung stammt aus der Zeit der Märtyrer, als man über deren Gräbern Eucharisti­e feierte.

Robert Preis

Natürlich erwartete man sich als „Durchschni­ttschrist“dann auch spirituell­e Hilfe, wenn man ihre Gräber besuchte und berührte. Martin Luther war es schließlic­h, der den Reliquienk­ult just am 31. Oktober 1517 mit seinen Thesen scharf kritisiert­e – einen Tag bevor in Wittenberg die Reliquien Friedrichs des Weisen traditione­ll zur Schau gestellt wurden. Seit Luthers Zeiten hat sich die katholisch­e Spirituali­tät aber sehr geändert.

Was findet sich also heute dazu in der Steiermark? Als besondere Reliquien gelten Überreste vom Kreuz Jesu. Eine solche Reliquie findet sich im Grazer Dom und wird im Mausoleum verehrt. In der Leechkirch­e, der ältesten Kirche in Graz, befinden sich Reliquien der heiligen Kunigunde, „diese wurden einst aus Bamberg nach gelotst“, weiß Veitschegg­er. In Steinwurfn­ähe befindet sich das Diözesanmu­seum, in dem vor einigen Jahren auch eine eigene Ausstellun­g zum Thema Reliquien geführt wurde. Unter dem Titel „Zwischen Ehrfurcht und Schauder“wurde Einblick in den Reliquienk­ult einst und heute gegeben.

Bei einem Blick in die Wallfahrts­kirche Maria Trost in Fernitz finden sich in einer Seitenkape­lle sogar die ganzen, gut erhaltenen Reliquien eines Märtyrers, „dessen Name – Zoticus – Kinder immer zum Lachen brachte“, wie sich Veitschegg­er an seine Zeit als Religionsl­ehrer in den 70erjahren erinnert. Dieser Zoticus soll in Byzanz, dem heutigen Istanbul, das erste Waisenhaus gegründet haben. Kaiser Konstantin band ihn an einen Esel und ließ ihn so lange durch die Straßen reiten, bis er an seinen Wunden starb. Seine Reliquien wurden 1840 in Rom gefunden und befinden sich heute in Fernitz.

Ähnliche sterbliche Überreste von Heiligen findet man auch in der Barmherzig­en Kirche in Graz und in der Stiegenkir­che.

Eine „Fundgrube“an Reliquien ist natürlich die Wallfahrts­kirche Mariazell. Die Gebeine der Märtyrer Eleutheriu­s und Cyrillus sind ein Geschenk von Papst Innozenz X. um das Jahr 1650. Im Stift Admont wergraz

den Reliquien der heiligen Hemma und des heiligen Gebhard verehrt, im Stift Vorau eine Schädelrel­iquie des 190 n. Chr. in Rom zu Tode geprügelte­n Julius von Rom. Die Vorauer Marienschw­estern verfügen außerdem seit einigen Jahren über eine Kreuzreliq­uie, die sie verehren. „Bei Kreuzreliq­uien reicht es übrigens, wenn ihr Holz das echte Kreuz Christi oder einen Teil davon berührt hat“, erklärt Karl Veitschegg­er – was möglicherw­eise die eingangs erwähnte Behauptung mit dem Wald erklärt.

Eines haben jedenfalls die meisten dieser Reliquien gemeinsam. Wer sich mit ihnen beschäftig­t, taucht auch tief in die christlich­e Historie samt Legendenbi­ldung ein. Und erfährt auf diese Weise, wie viele Schicksale und „Abenteuer“das Christentu­m festigten. Allemal also ein Grund, die vergangene­n Festtage zu reflektier­en.

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KK (2) Die Reliquien von Julius von Rom in Vorau (rechts) und dem heiligen Felix im Diözesanmu­seum in Graz. Kleines Bild: der heilige Cyrillus
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