Knackpunkt auf Koglers „Adschenda“
Noch wird sondiert. Abgetastet und ausgelotet. Nur nicht hudeln, bevor es zwischen Türkisen und Grünen wirklich ernst wird. Ein Koalitionspakt, der fünf Jahre halten soll, will auf Punkt und Komma exakt ausverhandelt sein.
Das Stillschweigen, zu dem sich die Partner in spe verpflichtet haben, beschränkt die Beobachter auf Mutmaßungen. Schnittstellen werden geortet, Stolpersteine ausgeforscht.
Da es ein kleines Wunder wäre, wenn es noch vor Weihnachten zu einem Abschluss käme, sollte man einen Blick auf einen Knackpunkt werfen, der eigentlich gelöst werden muss, bevor die „Adschenda“abgearbeitet ist, wie Werner Kogler die Agenda für die Koalitionsverhandlungen rustikal-salopp nannte.
Es handelt sich dabei um die Reform der Mindestsicherung, die Sebastian Kurz zu einem persönlichen Prestigeprojekt der türkis-blauen Regierung gemacht hat. Das Grundsatzgesetz des Bundes wurde im April vom Nationalrat beschlossen und ist seit Juni in Kraft. Die „Sozialhilfe neu“geht nicht mehr von Mindestrichtsätzen aus, sondern legt Höchstgrenzen für die staatlichen Unterstützungsleistungen fest. Von der Deckelung betroffen sind kinderreiche Familien, Asylberechtigte mit schlechten Deutschkenntnissen und Wohngemeinschaften.
Umgesetzt werden muss die Reform, mit der Kurz die Einwanderung ins Sozialsystem bremsen will, von den Bundesländern, die bis Jahresende die Ausführungsgesetze beschließen sollen. Dieser Verpflichtung sind bisher nur Nieder- und Oberösterreich nachgekommen.
Noch ist ein paar Wochen Zeit. Wie werden die säumigen Länder reagieren? Was machen die Mitglieder der Westachse von Salzburg bis Vorarlberg, wo die Zusammenarbeit zwischen den Grünen und den schwarzen Landeshauptleuten angeblich so gut funktioniert? Akzeptieren sie die Kinderstaffelung samt neuen Höchstgrenzen oder ignorieren sie die gesetzliche Verpflichtung? s wäre ein schlechtes Omen, sollten sie frei nach Herbert Kickl handeln, wonach das Recht der Politik zu folgen habe.
Erwin Zankel war Chefredakteur der Kleinen Zeitung
„Nur nicht hudeln, bevor es zwischen Türkisen und Grünen wirklich ernst wird.“
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