Versöhnung mit einem Stück Heimat
Eric Kandel floh einst aus Wien. Nun ehrte man den Nobelpreisträger.
Als er neun Jahre alt war, musste Eric Kandel mit seiner Familie vor den Nazis aus Wien fliehen. Gestern ehrte die Stadt den Medizin-nobelpreisträger. Im Wiener Rathaus wurde ihm von Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) der Goldene Rathausmann überreicht. Die Ehrung trage bei, ihn mit der Stadt noch mehr zu versöhnen, versicherte Kandel. Der vielfach ausgezeichnete Neurobiologe feiert heute seinen 90. Geburtstag. Kandel fragte Bürgermeister Ludwig bei der Ehrung aber auch: „Wieso haben Sie nicht mehr Juden zurückgebracht, so wie es in Deutschland geschehen ist?“Dies sei, so gestand Ludwig ein, ein Versäumnis in den
Jahren nach dem Zweiten Weltkrieg gewesen. Kandel war in die USA emigriert und hatte dort Karriere gemacht. Seine Forschungen widmete er der Erinnerung und dem Gedächtnis. Im Jahr 2000 wurde ihm der Nobelpreis verliehen.
Kandel wurde gestern auch von der Wiener Ärztekammer mit dem „Großen Ehrenzeichen am Bande“geehrt. Solche Auszeichnungen seien sehr wichtig für ihn, beteuerte Kandel. Wien werde damit wieder ein Stück mehr Heimat: „Ich liebe Wien mehr.“Ob er nun versöhnt sei mit der Stadt? „Es fangt an.“Heute wird Kandels 90. Geburtstag groß gefeiert. Die Universität Wien und die Medizinische Universität Wien laden zu einem „Fest für Eric Kandel“. Bundespräsident Alexander Van der Bellen und Altbundespräsident Heinz Fischer werden teilnehmen.
Eine späte Würdigung für einen Vertriebenen und hoffentlich ein weiterer Schritt Richtung Versöhnung.