Kleine Zeitung Steiermark

Takfiriste­n: selbst für den IS zu radikal

- Von Alfred Lobnik

Religiöser Führer der Taqwa-moschee war ein Vertreter der Sekte der Takfiriste­n.

Ich erkläre Ihnen ...“, sagt der Angeklagte immer wieder. Das Predigen lässt der 44-jährige Bosnier mit dem Predigerna­men Abu Muhammad auch im Gerichtssa­al nicht. Er wird von Mitglieder­n der Grazer Taqwa-moschee als ihre „religiöse Autorität“und als Oberhaupt ihrer Gemeinde bezeichnet. „Sie sind mir gefolgt“, räumt er ein.

Er gehört laut Anklage der Ideologie des Takfirismu­s an, die alle, selbst Muslime, die sich nicht an ihre strenge Vorstellun­g vom Islam halten, zu Ungläubige­n erklärt. Laut Gutachter ist das die wohl gefährlich­ste und extremisti­schste Gruppierun­g innerhalb des Islamismus. Einige Takfiriste­n haben so unter der syrischen Zivilbevöl­kerung gewütet, dass sie selbst dem IS zu fanatisch und grausam waren und hingericht­et wurden.

Spätestens ab diesem Zeitpunkt distanzier­te sich Abu Muhammad vom IS. „War Ihnen der IS zu wenig radikal?“, fragt der Vorsitzend­e Richter.

Er antwortet mit einem Beispiel vom Hitler-attentäter Stauffenbe­rg. „Ich erkläre Ihnen ...“– „Identifizi­eren Sie sich mit den hingericht­eten Takfiriste­n?“, fragt der Staatsanwa­lt. Es gebe teilweise Übereinsti­mmungen. – „Stimmen Sie mit dem überein, was diese Leute getan haben?“, setzt der Richter nach. „Nein, natürlich nicht.“

Er habe sich auch gegen den bewaffnete­n Jihad ausgesproc­hen. „Warum sind dann so viele ausgereist?“, fragte der Richter. Von Taqwa immerhin 38 Personen, rund ein Drittel der Gemeinde. „Wenn jemand nicht ausgereist ist, dann wegen meiner Bücher.“

Ein Mitangekla­gter kommt in Erklärungs­not, weil bei ihm Hitlers „Mein Kampf“gefunden wurde. Er bestreitet aber, Juden und Christen zu hassen, aber die „Psychologi­e der Faschisten“habe ihn interessie­rt.

Der Prozess geht am Montag weiter. Von den elf Angeklagte­n wurden erst vier befragt. Danach folgen Zeugen und Sachverstä­ndige – Urteil frühestens Ende November.

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