Kleine Zeitung Steiermark

Die Angst vor dem Untergang

Acqua alta versetzt Venedig in einen Ausnahmezu­stand. Menschen fürchten um ihre Existenz. Weltkultur­erbe ist in Gefahr. Heute droht die nächste Welle.

- Von Elisabeth Peutz aus Venedig

Wasser überall.“In Wohnhäuser­n und Kirchen, in Palazzi, Lokalen und Shops. In Geschäften der historisch­en Altstadt hat das Jahrhunder­thochwasse­r Regale leer geräumt, alles beschädigt, was nicht bruchsiche­r und wasserdich­t ist. Boote und Schiffe wurden an Land geschleude­rt. Tagelang war kaum Bootsverke­hr möglich. inige Supermärkt­e sind geschlosse­n, andere ausverkauf­t. In Nobelbouti­quen nahe der Piazza San Marco stehen leere Kleiderstä­nder

Ehinter angelaufen­en Vitrinen. Im Hotel gibt es keine Panini zum Frühstück, sondern Brot aus der Packung, „da der Bäcker nicht liefern kann“. Auf Sesseln liegen Plastikfol­ien, die stoffbezog­ene Sitzfläche ist nass.

Jede Minute, in der sich die Lage etwas entspannt, nützen die Menschen, um aufzuräume­n. „Es soll ja wieder wie ein Geschäft aussehen“, sagt der Betreiber der „Cuoieria Kalimala“im Sestiere Castello, der Taschen, Schuhe und Gürtel aus Leder von Hand fertigt. „Wir müssen arbeiten. Wir müssen ja hohe Mieten bezahlen, den Strom, das Licht, die Steuern“, erklärt er. Dutzende Paar Schuhe habe er wegwerfen müssen. „Ich fülle die Regale jetzt. Am Abend muss ich sie wieder ausräumen. Am Sonntag soll das Wasser wieder auf 160 Zentimeter steigen.“Der materielle Schaden sei groß, die Ungewisshe­it sei sehr belastend. izzerias und Ristoranti sind geöffnet, bis das Wasser die Schwelle übersteigt, die alle vor ihren Lokalen

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errichtet haben. Dann werden die Möbel, wenn möglich, in Sicherheit gebracht, mit dicken Schläuchen wird das Wasser nach außen gepumpt.

Luigi Frizzo nennt sein Buchantiqu­ariat, in dem eine Gondel steht, „Libreria Acqua Alta“. Samstagvor­mittag liegt ein Haufen nasser Bücher in der Calle Longa S.M. Formosa und im Geschäft versuchen die Angestellt­en, zu retten, was noch zu retten ist. „Der Schaden ist enorm“, sagt Frizzo. m Cafe Florian und auch gegenüber im Cafe Quadri auf der Piazza San Marco stehen die Stilmöbel zwischen Trockenger­äten. Die Espressoma­schinen hat das Meer ruiniert, ebenso wie das Muranoglas rundum. Nur die Möwen scheinen sich wohlzufühl­en – und einige Katastroph­entouriste­n, die per Handy auf dem Selfie-trip vor Trümmern posieren.

Viele Venezianer sind der Meinung, dass man das Acqua

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In Venedig herrscht wegen des Acqua alta Ausnahmezu­stand viele tun kein Auge zu
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