Die „abgesoffene“Silbermine von Oberzeiring
Im Mittelalter war die Blütezeit des Silberabbaus in Oberzeiring, der Ort wurde reich. Und dann war alles plötzlich aus. Kommt jetzt wirklich ein Neustart?
Die aktuellen Spekulationen des kanadischen Unternehmens Richmond Minerals, ab Frühjahr 2020 in Oberzeiring wieder Silber und wertvolle Materialien abbauen zu wollen, wecken Erinnerungen an die Vergangenheit. Denn hier gab es bereits im Mittelalter den größten Bergbau der Ostalpen und die Knappen galten als freie und reiche Männer. Aber die Anfänge des Silberabbaus im oberen Pölstal sind älter und wurden schon für 1000 vor Christus nachgewiesen.
Oberzeiring selbst wurde namentlich erstmals als Mons Cyrich in einem Urbar des Landesfürsten Ottokar Premsyl aus der Zeit von 1265/1267 erwähnt und 1279 zum Markt erhoben. Bereits im 13. Jahrhundert war die Ortschaft im Besitz aller Rechte einer Bergstadt und bis 1663 auch der Sitz des Berggerichtes. Besonders bedeutsam war das 1284 verliehene Münzrecht zum Prägen des silbernen „Zeyringer Pfennigs“.
Die Arbeiten in einem mittelalterlichen Bergwerk waren hart und beschwerlich, erfährt man im Schaubergwerk, das seit 1958 besteht. Die Kriechstollen waren niemals höher als 1,20 Meter und hatten eine Gesamtlänge von etwa 80 Kilometern. Darin arbeiteten die Knappen teilweise kniend und liegend. Zur Beleuchtung wurden Tonfahren verwendet. Das herausgeschlagene Gestein wurde in Erzschüsseln oder in kleine Lederbeutel gefüllt, die auf dem Rücken von Hunden aus dem Stollen hinaustransportiert wurden. Auch viele geschickte Handwerker wie Schreiner und Werkzeugmacher waren hier beschäftigt. Und auch Köhlereien muss es gegeben haben, da das Erz vor Ort zu Silber verhüttet und zu den berühmten Zeyringer Pfennigen verarbeitet wurde.
Über den Untergang des Zeiringer Bergbaus gibt es viele Mythen und Theorien. Die wahrscheinlichste Erklärung sagt, dass das Bergwerk 1361 oder 1365 „abgesoffen“ist. Laut Sage hat kein Bergmann das Grubenunglück überlebt, weil sie alle verflucht waren. Denn als die übermütigen und betrunkenen Knappen wieder einmal mit ihren silbernen Kugeln nach den silbernen Kegeln schoben, kam eine alte Frau mit ihrem blond gelockten Enkelkind daher und sah ihnen neugierig zu. Da sprang ein betrunkener Knappe auf den Buben los, schlug ihm mit seinem Schwert den Kopf ab und verwendete ihn als Kugel. Die Großmutter aber, von Grauen über die schreckliche Untat erfasst, verfluchte Knappen und Berg, verstreute einen Krug mit Mohn und sagte: „So viele Mohnkörner hier liegen, so lange soll es in Zeiring keinen Silbersegen mehr geben.“Und tatsächlich brach schon am nächsten Tag, als die Knappen in die Gruben eingelampen
waren, das
Unglück herein und gewaltige Wassermassen füllten plötzlich Schächte und Stollen, sodass niemand entrinnen konnte und 1400 Knappen ihr Leben lassen mussten. Seit dieser Zeit ist das Silberbergwerk zur Strafe für den Übermut der Knappen „ersoffen“, heißt es in der Sage. Jüngste Untersuchungen haben allerdings ergeben, dass wirtschaftliche Gründe, vor allem die Erschöpfung der Lagerstätte, um 1400 zur Einstellung des Bergbaus geführt hätten.
Immer wieder wurde in den folgenden Jahrhunderten erfolglos versucht, das Wasser aus dem Berg zu pumpen, um an das Silber zu kommen. Viele Abenteurer und Schatzsucher, unter ihnen Kaiser Maximilian I., der dafür sogar im Jahr 1506 in Schloss Hanfelden in Unterzeiring einige Zeit verbrachte, versuchten, die Stollen trockenzulegen. Die letzten Versuche gab es 1922–1924. Neben Silber wurden hier mehr als 45 verschiedene Mineralien gefunden, darunter der hellblaue Zeiringit. Und was wird jetzt gefunden?