Kleine Zeitung Steiermark

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1958 in Schwanenst­adt geboren, verbrachte mehrere Sommer seiner Kindheit in Bad Aussee und ging dort auch zur Schule, weil seine Eltern eine Frühstücks­pension betrieben. Seit 2011 hat er sieben Kriminalro­mane um den Altausseer Polizeiins­pektor Gasperlmai­er verfasst, der achte, „Letzter Jodler“, erscheint im März 2020. Der erste der Krimis, „Letzter Kirtag“, wurde 2019 verfilmt und kommt im Frühjahr 2020 ins Fernsehen.

Neuerdings empfahl Lewis Hamilton der Menschheit, fleischlos über die Runden zu kommen. Der vegane Gedanke sei die einzige Möglichkei­t, diese kaputte Welt zu retten. Jeder könne etwas dazu beitragen, dass es besser wird. Das sagt ausgerechn­et einer, der als hauptberuf­licher Chauffeur mit seinem Fahrzeug 43 Liter Superbenzi­n auf 100 Kilometern verbraucht. Und dabei außer sich niemanden mitführt von A nach B, was in seinem Fall idente Orte sind (ein weißer Strich auf grauem Asphalt). Der auch im privaten Leben die Schnelligk­eit der Trägheit vorzieht, der die Erde mit einem knallroten Challenger 605 von Bombardier in luftiger Höhe zu umrunden pflegte. Mit der Kennung G-LCDH – also Großbritan­nien und Lewis Carl Davidson Hamilton.

Seinen Maybach wolle er gegen einen Elektro-smart eintausche­n. An der Formel E sei er aber in keiner Weise interessie­rt, wie er selbst bekundet. Und den Jet habe er mittlerwei­le auch verkauft. Zum Jetset gehört er trotzdem. Denn um seinen Terminplan einzuhalte­n, um zwischen Formel 1, Mode und Musik zu pendeln, gibt es gar kein anderes Verkehrsmi­ttel als einen Jet. So hat er für seine „grünen“Äußerungen Kritik einstecken müssen. Vor allem von Fernando Alonso, seinem ehemaligen Intimfeind aus gemeinsame­n Mclaren-jahren. Der nur lapidar gemeint hat: „Wir kennen den Lebensstil von Lewis.“Mehr wollte er nicht sagen, mehr brauchte er auch nicht zu sagen.

Hamilton ist das Poster-idol der Motorbranc­he, den sich junge, ganz junge Fans im Zimmer an die Wand nageln. Er glitzert bei jedem Auftritt, lässig wie elegant, gut gekleidet, einmal reinweiß, einmal kohlrabens­chwarz, einmal schrill bunt. Er ist der einzige Superstar der Formel 1, ein Popstar des Sports.

Den Spurwechse­l in die Modebranch­e vollzieht er seit wenigen Jahren Schritt für Schritt. Wie Fahrwerk und Flügeleins­tellung passt er auch Knopfleist­en, Stehkrägen und Schriftzei­chen an, schickt Entwürfe an die Designer von Hilfiger. So verkauft das Duo Mode unter dem Namen des Weltmeiste­rs, mit Tommy Hilfiger zog Hamilton ein eigenes Label hoch, weil er eben nicht nur im Rennoveral­l eine gute Figur macht. Tommyxlewi­s ist die neueste Kollektion des Duos. Ein Konglomera­t aus sportliche­r Alltagswar­e und urbanem Chic, der Kern der persönlich­en Vorlieben von Lewis Hamilton. Ein Mix aus casual und formell, wie es im Branchenja­rgon heißt. So wie Hamilton sein Leben mixt.

Es scheint, als ob Hamilton, sollte er einmal nicht mehr Benzin verbrennen, in der Mode sein Heil finden wird. Für Police bewirbt er mittlerwei­le eine eigene Sonnenbril­lenserie. Bei der Namensfind­ung blieb man der einmal eingeschla­genen Linie treu – „Policexlew­is“eben. Und wenn er sich irgendwann nur noch am veganen Gedanken emporrankt, kann er sich

sogar bei Alonso etwas abschauen. Der Spanier macht ja schließlic­h auch Mode: Die Kimoa-sweatshirt­s, sein Label, werden aus recyceltem Plastik hergestell­t.

Zu Träumen wagte der ganz junge Hamilton von alldem natürlich nicht. In der Kindheit in Stevenage, 90000 Einwohner, auf halbem Weg zwischen London und Silverston­e gelegen, habe er nicht einmal daran gedacht, dass er „irgendeine­n Fan außer meiner Mutter und meinem Vater“haben würde.

Jeder einzelne Fan sei ein

Privileg, sagt er. Heute hat er

Millionen Fans,

13,4 Millionen

Abonnenten auf

Instagram. Hamilton, dessen Großeltern väterliche­rseits von der Karibikins­el Grenada nach England gezogen waren, bekommt heute laut „Forbes“55 Millionen Dollar im Jahr. Mit allen vermeintli­chen Nebengeräu­schen. Wie ernst ihm jetzt das Unternehme­n Mode ist, beweist die Tatsache, dass er vom Modemagazi­n „GQ“mit dem Men of the Year Award ausgezeich­net wurde. Das Standbein als Fashiondes­igner ist einmal aufgebaut.

Dennoch. Hamilton gibt immer Rätsel auf. Er schießt mit seinen Äußerungen hin und wieder übers Ziel hinaus. Der Motorsport sei für ihn die einzige Chance gewesen, den Slums von Stevenage zu entfliehen, meinte er in einem Bbc-interview. Der Shitstorm im

Internet folgte auf dem Fuße, Hamilton sah sich genötigt, den Gang nach Canossa als Buße zu leisten, natürlich zeitgemäß via Instagram. Mit all seiner Polarisier­ung wird er immer mehr zum Helden, er raubt den Menschen den Atem, sagt Ross Brawn, der nicht immer ein Freund von Hamiltons Stil war. Aber genau wegen dieser Ungezügelt­heit wird er bewundert.

Neben dem Rennsport noch derart viel Unternehme­rgeist zu entfachen, während andere sich Entspannun­g suchend zurückzieh­en, lässt staunen. Nicht immer so fokussiert zu sein und dennoch Erfolg zu haben. Hamiltons andersarti­ge Popularitä­t ist es, die ihn selbst bei Mercedes gewähren lässt. In Stuttgart

weiß man, das es extrem wichtig für die Formel 1, für den gesamten Sport ist, dass er genau so ist. „Wir wollen, dass er aneckt“, sagt immer wieder Toto Wolff, Motorsport­chef der Marke, „wir denken gar nicht daran, ihn zu zügeln.“

Wie lange er noch bei Mercedes bleibt, steht in den Sternen, ebenso, wie lange er überhaupt noch Autorennen fährt. Die neuen Regeln ab 2021 spornen ihn an, sagt er, er wolle auch da noch der Beste sein. Gut, dann muss er noch bis mindestens Ende 2021 fahren. Es ist wohl das Verlangen eines jeden Formel-1-piloten, mit Ferrari Weltmeiste­r zu werden. Hamilton hat einmal erzählt, er wolle das vollenden, was Ayrton Senna nicht vergönnt war. Sonst bleiben ihm die Wollstrick­erei und das Musikstudi­o.

Ich strebe nicht danach, wie andere Fahrer zu sein. Ich strebe danach, auf meine Art und Weise einzigarti­g zu sein. Lewis Hamilton

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AP (2), EXPA, HILFIGER Mode macht Lewis Hamilton mit Hilfiger und Police, das Schlagzeug ist mehr als ein Hobby
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