Das Leben soll nicht nur erträglich sein
Lydia Burchhardt, ist evangelische Pfarrerin an der Johanneskirche und an der Uni Klagenfurt
Wer nicht arbeiten will, soll auch nicht essen.“Paulus kritisiert ein „unordentliches Leben“. Er hatte vorgeführt, wie seiner Meinung nach ein „ordentliches“Leben aussieht: fleißig arbeiten, genug zum Leben verdienen, niemandem zur Last fallen. Das scheint auch heute für viele die Idealvorstellung vom Erwerbsleben zu sein.
Und wenn der Lohn, der Unterhalt dann doch nicht zum Leben reicht, sind Vorwürfe zu hören: „Hättest du was ordentliches gelernt“, „Man darf nicht wählerisch sein“, „Selbst schuld“. Und wer keine Arbeit findet oder im Job an die eigenen Grenzen geführt wird, wer nicht das Richtige für sich gefunden hat oder in der Firma nicht mehr gebraucht wird, den und die plagen dann Selbstzweifel. Und wer Unterstützung braucht, wer krank ist oder schwer vermittelbar, wer pflegebedürftig ist, bekommt ein schlechtes Gewissen (gemacht). Freilich – wer es darauf anlegt, auf Kosten anderer zu leben, aber auch wer mit
Wurstigkeit, Respektlosigkeit und Ignoranz seiner Mitwelt gegenüber das Leben gestaltet, ist auf einem falschen, keinem guten Wege unterwegs. Vorbildlich ist es, die Menschen um sich herum nicht aus den Augen zu verlieren, Familie, Nachbarschaft, Gemeinschaft, Umwelt, Mitwelt. Freiheit genießen und Verantwortung nicht abwälzen. Jeder, wie er kann. Jede, wie sie es vermag. Und sei es noch so wenig.
So könnte es gehen: den Schwächeren die Scham nehmen, die Weisheit der Älteren nicht verachten, sondern neugierig befragen. Boshaftigkeit, Faulheit und Angst bringen uns nicht weiter. Aber Ehrlichkeit, Fairness und Respekt – und die Erkenntnis, dass wir auf diesem Planeten alle Brüder und Schwestern sind, das sollte ausreichen, dass wir Wissen, Macht und alle Schätze der Welt miteinander teilen. Das Leben soll nicht nur erträglich sein, sondern darf jeden Tag gefeiert werden – im stillen Kämmerlein, aber auch öffentlich.