Die ersten Schritte
Das Video, das von meiner ältesten Tochter in unsere Whatsapp–familiengruppe gestellt worden ist, dauert nur 13 Sekunden und zeigt doch ein kleines Wunder, das dementsprechend kommentiert wurde: „Show!“, „Immer dem Ball nach!“, „Wahnsinn!“, „Familienrekord !!!!! “Zu sehen ist meine jüngste Enkelin, die ihre ersten (7!) selbstständigen Schritte in die Arme ihres Vaters macht, der in der rechten Hand einen Ball hält. Auch wenn Elena in den folgenden Tagen darauf verzichtet hat, das Kunststück zu wiederholen, gilt der 29. Oktober (19.44 Uhr) als der Tag, an dem sie zum ersten Mal ging, ohne die unterstützende Hand ihrer Eltern. Für Tony muss dieser Moment ein ganz besonderer gewesen sein.
Als Baby konnte sie sehr lange nicht gehen, bis endlich festgestellt wurde, dass sie von Geburt an eine leichte spastische Diplegie hatte. Die Nerven, die zum linken Bein führten, funktionierten nicht. Viele Stunden verbrachten wir fortan bei einer Therapeutin und jeden Abend legten wir ihr eine Schiene an, die unsere Tochter in der Nacht tragen musste. Die Besuche beim orthopädischen Schuster dauerten nie lange, da nur zwei Paar zur Auswahl standen: ein grünes oder ein blaues, beide reichten über die Knöchel, damit die Füße besseren Halt fanden. An die ersten Schritte unseres Erstgeborenen habe ich keine genaue Erinnerung mehr, an die unserer ältesten Tochter sehr wohl. Tony war knapp zwei Jahre alt, als sie auf ihre Mutter zuwankte, mit einem Gesichtsausdruck, der vieles widerspiegelte: Angst, Erstaunen, Erleichterung, Stolz – und zuletzt nur Glück. Viele Jahre lebte unsere Tochter tapfer mit ihrer kleinen Einschränkung, die mit den Jahren immer geringer wurde, bis sie schließlich ganz verschwand. Unvergesslich der Moment, als sie mich auf ihrem Maturaball strahlend zum Eröffnungswalzer holte – in zierlichen Ballschuhen mit einem silbernen Schmetterling.
Macht des Schicksals! Ausgerechnet ihre entzückende Elena hält nun in den ersten Schritten den familieninternen Rekord mit 10 Monaten und 15 Tagen. Die Rekordmeldung kommentierte Tony nüchtern mit einem Lachgesicht: „Mit mir gemeinsam sind wir guter Durchschnitt.“
Sie erreichen den Autor unter: g.hofmann-wellenhof@gmx.at
„Das Video auf Whatsapp dauert nur 13 Sekunden, zeigt aber ein kleines Wunder.
Die neuesten Notizen
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Die Unesco hat ja allerhand Gedenktage festgelegt. Es gibt einen Tag des Glücks, einen Tag der Freundschaft, einen des Jazz und einen der frei lebenden Tiere. So um die hundert pro Jahr sind es.
Und dann gibt es ein paar Dutzend weitere, die auf private Initiativen zurückgehen und via Internet breite Anerkennung fanden. Etwa der Welt-nutella-tag oder der Welt-kuscheltag.
Heute ist wieder ein Unescotermin, und zwar ein eher ernsmillionen
Frido Hütter
Heute sollen wir der Toten im Straßenverkehr gedenken. Warum es dazu auch eine gute Nachricht gibt.
ter. Wir sind aufgerufen, der Opfer des Straßenverkehrs zu gedenken. Weltweit verlieren rund 1,3 Millionen Menschen auf den Straßen ihr Leben, allein in der EU waren es im Vorjahr um die 25.000. Man nimmt das halt zur Kenntnis.
Nicht so der selige Udo Jürgens. Auf meine Frage hin, ob er noch rauche, sagte er: „Ja, eine am Abend, und zwar aus Protest.“Er finde die Warnhinweise auf den Packungen idiotisch und werde weiterrauchen, bis jedes
Auto den Aufkleber „Diese Maschine kann Sie töten“trage.
Zurück auf die Straßen. Bevor Sie jetzt das Gefühl haben, wir seien in ein Gemetzel geraten, empfiehlt sich ein Blick in die Vergangenheit. Und zwar in jene hier bei uns. Es ist auch ein Beleg dafür, dass technischer Fortschritt und politischer Wille das Leben zumindest physisch sicherer machen können.
Anno 1972, ich hatte schon seit vier Jahren meinen Führerschein, gab es bei uns eineinhalb
Autos. In und wegen ihnen starben im Durchschnitt acht Menschen pro Tag.
Das war in einer Zeit vor den Airbags, vor der Knautschzone, vor der Gurtenpflicht, vor allen technischen Assistenten, die wir heute kennen, mit freier Tempowahl auf Autobahnen und einem Alkolimit von 0,8 Promille.
Heute zählen wir in Österreich fünf Millionen Autos und 1,07 Tote pro Tag. Das ist heute die gute Nachricht, auch wenn es noch um 1,07 Tote zu viel sind.