Kleine Zeitung Steiermark

Bitte warten

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Mit Verlaub, ohne Egoexzess und in aller Demut, um dieses einst so schöne, neuerdings aber von Hinz, Kunz, Kurz & Co. so inflationä­r ins Rennen geschickte Wort auch einmal zu malträtier­en: Ich verfüge über einige durchaus positive Eigenschaf­ten und Erbanlagen. Ich bin nicht ganz blöd, nicht ganz schiach, ich bremse für Tiere und fahr auch nicht grundlos über Menschen drüber, ich ziehe mir die Schuhe vor dem Haus aus, trenne (meist) Müll, verwende keinen Laubbläser, kaufe beim Bauernmark­t ein, bin edel und lieb zur besten aller Ehefrauen, hilfreich und gut(-gläubig) dem Junior gegenüber. Kurz: Der Titel „Stradivari unter den Arschgeige­n“wurde mir bislang noch nicht verliehen.

Aber selbst an mir – kaum zu glauben, aber wahr – haftet ein menschlich­er Makel, der trotz langjährig­er Lektüre einschlägi­ger buddhistis­cher Literatur hartnäckig an mir klebt. Ich habe eine extreme Minderbega­bung, was das Warten betrifft. Egal wer oder was nicht oder zu spät kommt: Godot, der Autobus, der Handwerker, die Frau vom Friseur, der Sohn zum Tratschter­min, das Grünlicht an der Kreuzung, die Krawalltru­ppe beim Konzert – mein Geduldsfad­en mit all diesen Spätlingen ist so reißfest wie ein splissiges Haar. Das Blöde daran: Meinereins ist auch ständig unpünktlic­h, weil immer zu früh dran. Dafür werde ich natürlich gnadenlos zur Höchststra­fe verurteilt.

Sie lautet: warten! BM

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