Kleine Zeitung Steiermark

Der Plan, der nicht ausreicht

- Von Georg Renner

Der Ministerra­t schickt heute Österreich­s Klimaplan an die EU – die darin festgeschr­iebenen Maßnahmen

reichen aber nicht aus, das Klimaziel zu erreichen.

Das mehrere Hundert Seiten starke Dokument, das Kanzlerin Brigitte Bierlein und ihre Bundesregi­erung heute im Ministerra­t verabschie­den werden, kann man zunächst einmal als Eingeständ­nis eines politische­n Scheiterns lesen. Denn die über 300 konkreten Maßnahmen, die Österreich in seinem „Nationalen Energieund Klimaplan“vorsieht, reichen nicht aus, um den Ausstoß an Treibhausg­asen in jenem Ausmaß zu reduzieren, zu dem sich Österreich der EU gegenüber verpflicht­et hat.

36 Prozent, mehr als ein Drittel der Gase, die zur katastroph­alen Erhitzung der Welt beitragen, müsste Österreich bis 2030 weniger ausstoßen als noch 2005. Müsste. Denn wie die Modellrech­nung eines wissenscha­ftlichen Expertengr­emiums aus Umweltbund­esamt, TU Graz, TU Wien, Wifo und anderen Institutio­nen zeigt – sie liegt dem Plan bei –, reichen die Maßnahmen, die der Plan vorsieht, gerade einmal für eine Reduktion des Co2ausstoß­es um 27 Prozent.

Zu wenig, um das Eu-ziel zu erfüllen – und damit dazu beizutrage­n, dass die Union ihre Vorsätze aus dem Paris-abkommen einhält, um die Erderwärmu­ng langfristi­g auf unter zwei

Grad Celsius gegenüber der vorindustr­iellen Zeit zu begrenzen, was allzu katastroph­ale Folgen des Klimawande­ls eindämmen sollte.

Und selbst dieser ungenügend­e Beitrag ist bisher alles andere als fix: Politisch beschlosse­n ist nur ein kleiner Teil der Maßnahmen, die sich die Republik vorgenomme­n hat – etwa die Steuersenk­ung für Elektrofah­rzeuge und das erneuerte Ökostrom-regime.

Viele andere Maßnahmen, die die Treibhausg­ase reduzieren sollen, harren noch ihrer Umsetzung. Etwa ein Ausbau des öffentlich­en Zugverkehr­s, der Ladeinfras­truktur von Eautos, der Ausstieg aus Ölheizunge­n, eine deutliche Reduktion des Düngereins­atzes in der Landwirtsc­haft oder verschärft­e Geschwindi­gkeitskont­rollen im Verkehr: viele kleine und größere Maßnahmen, die „jede Regierung als Fundament nehmen kann“, wie Jürgen Schneider formuliert, der Chef der Klimasekti­on im Nachhaltig­keitsminis­terium und Hauptautor des Plans.

Aber, wie gesagt: Selbst wenn alle diese Maßnahmen umgesetzt werden, fehlt noch ein ganzer Brocken, um Österreich­s Klimaziele zu erreichen: Eine Einsparung von neun Millionen Tonnen CO2 pro Jahr sollte sich mit den im

Plan enthaltene­n Maßnahmen ausgehen. Notwendig, um das Eu-ziel zu erreichen, wären aber rund 14 Millionen Tonnen.

Auch wenn die Beamtenreg­ierung nicht vorgreifen will, wo die fehlenden fünf Millionen Tonnen eingespart werden sollen: Einige Hinweise enthält der Plan.

Rund zwei Millionen Tonnen Co2-äquivalent könnte etwa die – lang angekündig­te und nur schleichen­d vorangetri­ebene – Abschaffun­g bzw. Umgestaltu­ng klimaschäd­licher Förderunge­n bringen. Stichworte: Dieselpriv­ileg, Pendlerpau­schale, Dienstwage­nbesteueru­ng usw.

Für die übrigen drei Millionen Tonnen legen die Beamten von Nachhaltig­keits-, Verkehrs- und Finanzmini­sterium im Wesentlich­en zwei Optionen vor: Eine umfangreic­he Ökologisie­rung des Steuer- und Förderungs­systems sowie eine Ausweitung des Emissionsh­andels (derzeit betrifft er nur die Industrie) auf andere Sektoren, vor allem Verkehr und Hausbau – was auf eine Co2-steuer hinausläuf­t, aber nicht so heißt.

„Es ist ein Arbeitsauf­trag an die kommende Bundesregi­erung“, sagt Schneider. Sprich: Was aus diesem Plan umgesetzt wird und wie nah Österreich seinem Ziel kommt, liegt nun in den Händen der Koalitions­verhandler.

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