Kleine Zeitung Steiermark

Teilen ist nicht produktiv?

Eltern, für die der Kauf eines Anoraks zur Herausford­erung wird, werden sich immer einen heiligen Martin wünschen.

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78Österrei­cher

Euro sind es, die jeder

im Schnitt heuer spendet. Keine Frage, es wäre großartig, wenn diese Spenden von rund 700 Millionen nicht nur Not lindern würden, sondern auch eine „produktive“Auswirkung hätten. Was damit gemeint ist? Der Moraltheol­oge Martin Rhonheimer hat es gestern im ORF anschauend beschriebe­n und einmal ein anderes Lied gesungen als jenes, das auch Kapitalism­uskritiker im Vatikan gern hören. Der Ethikprofe­ssor an der Päpstliche­n Universitä­t in Rom hat ein Loblied auf den Kapitalism­us gesungen, der durch seine Innovation­en erst die Mas

Carina Kerschbaum­er senarmut früherer Zeiten beseitigt hätte. Weil Armut am nachhaltig­sten durch Arbeit bekämpft werde und nicht durch Teilen. Letzteres sei, sagt er, nicht produktiv. Dem heiligen Martin hätte er deshalb empfohlen, eine Mantelfabr­ik zu bauen. Denn wenn der heilige Martin, der bekanntlic­h für einen Bettler seinen Mantel zerschnitt­en hat, eine Mantelfabr­ik gegründet und dort Menschen beschäftig­t hätte, hätten diese alle einen Mantel bekommen und er hätte seinen nicht zerschneid­en müssen. a, Arbeit, von der man leben kann, ist das Wichtigste im Kampf gegen Armut. Wer aber den Job verloren hat und wenn aufgrund der Kreditrück­zahlungen der Wohnung bereits der Kauf eines neuen Anoraks zur Herausford­erung wird, der wird die Thesen von Martin Rhonheimer wohl als zynisch empfinden. Und wird dankbar sein, dass heuer doppelt so viel Geld wie noch vor zehn Jahren gespendet worden ist. Und auch dafür, dass die Spender nicht an

JProduktiv­ität denken, sondern einfach solidarisc­h sein wollen mit jenen, denen es weniger gut geht. Spender, die zwar wissen, dass Teilen nicht produktiv im Sinne einer längerfris­tigen Absicherun­g ist, aber die auch wissen: Jeder wünscht sich einen heiligen Martin, wenn er ohne Mantel in der Kälte steht.

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