Warten auf weißen Rauch
Rund um das kommende Wochenende wollen sich Türkise und Grüne auf einen Koalitionspakt einigen. Mit dem Ja der Gremien dazu ist es aber nicht getan.
Offenbar sind sich Türkise und Grüne noch vor Weihnachten weitestgehend einig geworden, was die großen Brocken betrifft. Heute starten die Parteichefs Sebastian Kurz (ÖVP) und Werner Kogler (Grüne) mit ihren Teams in die finale Phase, und es soll nur noch eine Frage von Stunden oder Tagen sein, bis „weißer Rauch aufsteigt“und die Basis für das Koalitionsabkommen steht. Drei große Herausforderungen gilt es für die beiden Parteien zu bewältigen.
Das Inhaltliche ist der Ausgangspunkt – das, worüber man in den zahlreichen Sitzungen miteinander verhandelt hat. Man müsse erst schauen, „wie aus Brocken Brücken werden“, hatte der Grüne Werner Kogler den Umstand umschrieben, dass die Programme beider Parteien zunächst einmal mehr trennte als verband.
Die Übung scheint gelungen, wobei noch nicht klar ist, ob man in allen Bereichen bereit war, Gräben zu überwinden, oder ob einzelne Fragen einfach dem „koalitionsfreien Raum“überlassen werden, man also bewusst in Kauf nimmt, dass es im Parlament zu einer freien Mehrheitsbildung kommt.
Das Personal ist die zweite Herausforderung: Das Kabinett Kurz I war davon geprägt, dass von Sebastian Kurz diverse
Fachleute an Bord geholt wurden, die nicht aus dem innersten Parteikreis stammten. Nicht alle haben sich im parteipolitischen Grabenkampf, der auch vor den lichten Höhen einer Regierung nicht haltmacht, bewährt, auch wenn sie via „message control“politisch an der Hand zu nehmen waren.
Innerhalb der ÖVP ist zu erwarten, dass sich angesichts des Neustarts auch die internen „Bewerbungen“häuften und so manche Teilorganisation erneut Anspruch auf Vertretung in den höheren Etagen angemeldet hat.
Die Grünen haben das umgekehrte Problem: Ihnen mangelt es schon rein zahlenmäßig an Personal. Die Verhandlungsteams waren hochkarätig besetzt, mit regierungserfahrenen Leuten aus den Ländern. Eine andere Frage ist, wer selbst bereit ist, ein Regierungsamt zu übernehmen, und woher sich deren politische Stäbe rekrutieren.
Diese Aufgabe werden beide Parteien dennoch rasch meistern (müssen). Die Personen wurden wohl zumindest in den Köpfen der Verhandler schon mit der Verteilung der Ressorts mitgedacht. Sebastian Kurz wird sein Team als Erster präsentieren. Werner Kogler muss sich auf einen „Vorschlag“beschränken, abgesegnet wird das Team, ebenso wie der Koalitionspakt selbst, erst vom
Bundeskongress, schon am ersten vermutlich Jänner-wochenende.
Die größte Aufgabe haben die beiden Parteien noch vor sich: das Formulieren von Botschaften, die die eigenen Funktionäre bei der Stange halten, die die Wähler nicht enttäuschen und die ein Maximum an Loyalität einfordern, ohne die beiden sehr unterschiedlichen Parteien ihrer Identität zu berauben.
„Message control“war die Wunderwaffe von Sebastian Kurz für Türkis-blau. Genau deshalb wird der schlichte Durchgriff unter Türkis-grün nicht funktionieren.