Wenn ein Idol belastet
Wenn sich die FPÖ tatsächlich von jedem Mief des Antisemitismus befreien will, dann wird sie sich wohl auch von ihrer bisherigen Lichtgestalt Franz Dinghofer trennen müssen.
Der völlig überraschend einen Tag vor dem Heiligen Abend, also mitten in der Hochzeit des weihnachtlichen Trubels, veröffentlichte Historikerbericht zur Freiheitlichen Partei verdient noch einige Ergänzungen. Nämlich vor allem jene, wie es die Freiheitliche Partei mit den Lehren aus der Vergangenheit tatsächlich in der Gegenwart hält. Wie sie jeden Anschein vermeidet, es könnten sich in ihr nationalsozialistische Botenstoffe des Antisemitismus und Rassismus eingenistet haben.
Vor wenigen Wochen erst, um den 12. November, dem Jahrestag der Republikwerdung Österreichs 1918, lud FPÖ-CHEF Norbert Hofer gemeinsam mit dem „Dinghofer-institut“zu einem Symposium, bei dem auch die „Dinghofer-medaille“verliehen wurde. Die Freiheitlichen mit ihrem damaligen Dritten Nationalratspräsidenten Martin Graf installierten diesen Franz Dinghofer vor gut zehn Jahren quasi als neue historische Ikone der Partei.
Der einstige Bürgermeister von Linz war am 12. November 1918 einer der Präsidenten der Provisorischen Nationalversammlung, die der vor dem ehemaligen Wiener Reichsratsgebäude wartenden Menge mitteilten, das Parlament habe beschlossen, Deutschösterreich sei fortan als Republik Bestandteil der Deutschen Republik.
Der Deutschnationale Dinghofer, zeitweise auch Justizminister und Vizekanzler, ging in die Geschichte auch als Mitbegründer der Großdeutschen Volkspartei ein, der er auch als Obmann vorstand. Eine Partei, deren Programm vor bösartigem Antisemitismus strotzte und die sich in den 30er-jahren mit den Nationalsozialisten zu einer Gemeinschaft verband.
Der Jurist avancierte zum Präsidenten des Obersten Gerichtshofes. Nach dem Anschluss an das Nazi-reich ging der 65-Jährige in Pension. Aus Altersgründen, wie eine Zeitung damals berichtete, und nicht weil ihn die Nazis loswerden wollten, wie seine Verteidiger heute behaupten. Der Oberste Gerichtshof wurde übrigens 1939 überhaupt aufgelöst.
1940 trat der nunmehrige Pensionist direkt der Nazi-partei bei, wie neuere Forschungen belegen. Aber nur, so versichern seine Nachkommen eilfertig, um im Enteignungsverfahren bessere Karten zu haben, nicht weil er ein Nazi gewesen sei. Auf der Liegenschaft von Dinghofers verstorbener Frau errichteten die Herren des Großdeutschen Reiches die Hermann-göring-werke. Für den vorigen Grundbesitzer gab es eine Entschädigung, die ihn jedoch nicht zufriedenstellte.
Nach dem Ende des Hitlerregimes versuchte sich das ehemalige Nazi-mitglied Dinghofer, wie viele andere auch, als Opfer darzustellen. Die Freiheitlichen pflegen diese Version eines Politikers, der eindeutig Mitbegründer einer radikalen antisemitischen Partei und später auch Nazi war. enn sich die FPÖ von Antisemitismus und dem Hauch des Nationalsozialismus befreien will, dann sollte sie sich eine neue Leitpersönlichkeit statt eines Antisemiten suchen.
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