Papst an Papst: Zölibat nicht lockern
Benedikt XVI. versucht mit Buchveröffentlichung, Einfluss auf Nachfolger Franziskus zu nehmen.
Nach seinem Rücktritt 2013 hatte Papst Benedikt XVI. versprochen, er wolle fortan „für die Welt verborgen“im Vatikankloster Mater Ecclesiae seinen Lebensabend zubringen. Immer wieder hat Joseph Ratzinger diese Ankündigung mit der Veröffentlichung von Schriften, Vorträgen oder Interviews unterlaufen. Sein jüngster Akt ist kirchenpolitisch außerordentlich brisant. In einer Phase, in der sein Nachfolger Franziskus höchstwahrscheinlich eine Lockerung des Priesterzölibats vorbereitet, spricht sich der emeritierte Papst vehement für die Beibehaltung desselben aus.
Am Mittwoch erscheint in Frankreich ein Buch mit dem Titel „Aus der Tiefe unserer Herzen“, das den inzwischen 92-Jährigen sowie Kurienkardinal Robert Sarah aus Guinea als Autoren ausweist. Der 74jährige Präfekt der Gottesdienstkongregation ist einer der schärfsten Kritiker von Franziskus und Integrationsfigur des traditionalistischen Spektrums in der katholischen Kirche. Beide warnen im 175 Seiten langen Buch, aus dem „Le Figaro“Auszüge vorab veröffentlichte, vor „schlechten Einlassungen, Theatralik, diabolischen Lügen und im Trend liegenden Irrtümern“. Die Kirche dürfe sich davon nicht beeinflussen lassen, Priester seien durch die „ständige Infragestellung“des
Der Zeitpunkt ist brisant. Franziskus hat angekündigt, ein Dokument zur Amazonien-thematik zu liefern. Beobachter gehen davon aus, dass er darin ausnahmsweise die Weihe sogenannter viri probati, also „bewährter“, verheirateter Männer, zu Priestern erlauben werde, um dem Priestermangel in Amazonien beizukommen. Franziskus hatte dies in der Vergangenheit bereits angedeutet. Schon die Einberufung einer Synode zum Thema Amazonien machte klar, dass der Papst eine Diskussion auch über den Zölibat wünsche. Die überwiegende Mehrheit der Bischöfe sprach sich auf der Konferenz für die Zulassung verheirateter Priester aus. Damit ist abzusehen, dass emeritierter und amtierender Papst zu einem der größten Diskussionsthemen in der katholischen Kirche mit unterschiedlicher Stimme sprechen.
Julius Müller-meiningen, Rom
Benedikt XVI. ist 92 Jahre alt, geistig noch wach, aber körperlich schwach
Zölibats verwirrt. Das Priesteramt erfordere „die völlige Hingabe eines Mannes“, der „Ruf zur Nachfolge Jesu“sei ohne den Zölibat, dieses „Zeichen der Freiheit und des Verzichts auf alle Kompromisse“, nicht möglich.
Die Autoren kommen auf die Amazonien-synode zu sprechen, die im Oktober im Vatikan stattfand. Dort hatte sich eine Mehrheit der Bischöfe für verheiratete Priester in entlegenen Gegenden ausgesprochen und einen leichteren Zugang für Frauen in kirchliche Ämter angeregt. Beiden Vorschlägen erteilten Benedikt und Sarah eine klare Absage. Im gemeinsam verfassten Vorwort zitieren die Traditionalisten den Kirchenvater Augustinus mit dessen Ausspruch „Ich kann nicht schweigen“. Sie verurteilen die Berichterstattung der Medien, die „Oberhand über die echte Synode“gewonnen habe.
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