Wen es noch zu feiern gilt
Gedenktage 2020: italienische Meister, deutsche Denker.
Kulturwissenschaftler Mark Fisher orakelte über die Gründe des Phänomens: „Könnte die vom neoliberalen Kapitalismus vorangetriebene Zerstörung von Solidarität und Sicherheit nicht im Gegenzug die Sehnsucht nach Gängigem und Vertrautem gefördert haben?“
Auch 2020 werden die Todesund Geburtstage wieder Museen, Konzerthäuser, Fernsehprogramme, Zeitungen und das Internet füllen, es wird gedacht werden, häufig, ohne sich viel zu denken. Immerhin ist 2020 unter anderem ein Raffael-jahr, ein Dickens-jahr, ein Salzburger-festspiele-jahr, ein Hegeljahr, ein Engels-jahr, ein Loosjahr und als absolute Krönung ein Beethoven-jahr. Bei letzterem sind Bonn und Wien federführend, wo eine schier unüberschaubare Menge von Veranstaltungen Beethoven und seine Musik zum Thema hat. abei ist gerade das Beispiel dieses Menschen und seiner Kunst ein Gegengift gegen den Kult mit dem Vergangenen, gegen einen Kulturbetrieb, der sukzessive zu bequem wird, um sich noch jenseits des Wohlig-vertrauten zu bewegen. Wer seine Vergangenheit vergisst, ist verloren. Aber wer nur mehr auf seine Vergangenheit schaut, wird blind für die Zukunft. Beethoven hat stets nach vorn geschaut. Seine Musik könnte uns zur Nachahmung inspirieren.
DDie hohe Denkerstirn hat 2020 Saison. Immerhin gilt es, zwei Geistesriesen zu feiern, deren Werke bis heute die Köpfe zum Rauchen bringen. Am 27.
August jährt sich der Geburtstag des idealistischen Philosophen
zum 250. Mal. Ähnlich elaboriert, aber im Felde der Literatur, ist das Werk von
dessen 250er im März ansteht. Das deutsche Bundesland Baden-württemberg feiert den großen Sohn mit Ausstellungen, Lesungen und Konzerten.
(150. Todestag am 9. Juni) wird etwa im niederländischen Deventer groß gefeiert. Im Dezember bietet das viktorianische Flair der Stadt wieder den Rahmen, wenn berühmte Romanfiguren zum Leben erweckt werden.
Weniger weit reisen muss man, um das Adolf-loos-jahr zu begehen. Anlässlich des 150. Geburtstags des Architekten im Dezember sollen bekannte und unbekanntere Bauten in Wien für Führungen geöffnet werden, das MAK bietet eine Sonderschau.
Der 500. Todestag von Raffael am 6. April wird in Italien ausgiebig gewürdigt. Eine Superschau in Rom und kleinere Spezialausstellungen in Urbino und Perugia werden Zigtausende Besucher anziehen.
Thematisch ein bisschen sperriger: der 200. Geburtstag von Friedrich Engels am 28. November. Seine deutsche Heimatstadt Wuppertal begeht das Jubiläum im großen Stil: Das ganze Jahr über bietet die Stadt ein dichtes Programm zum kommunistischen Vordenker. MG
Architekt Adolf Loos