Vertragstreue schlägt den Klimaschutz
Siemens sieht sich an den Deal mit australischer Carmichael-mine gebunden. Umweltschützer laufen dagegen Sturm.
Siemens hätte von vorneherein klüger sein sollen, räumt Siemens-chef Joe Kaeser ein. Dennoch hält er an der Lieferung von Signal-anlagen für Züge der umstrittenen Carmichael-kohlemine in Australien fest. Mit insgesamt 447 Quadratkilometern wird diese größer sein als Wien. Der indische Konzern Adani will hier bis zu 60 Tonnen Kohle pro Jahr abbauen und nach Indien verschiffen, um dort billigen Strom zu produzieren. Dabei fahren die Frachtschiffe übrigens über das Great Barrier Reef, was von Umweltschützern ebenfalls kritisiert wird.
Der Hauptpunkt der Gegner ist natürlich der massive Einfluss der Kohleverfeuerung auf das Weltklima. Siemens heftet sich „Dekarbonisierung“als ein wichtiges Nachhaltigkeitsziel auf die Fahnen. Da passt die Lieferung an das Kohlebergwerk nicht ins Bild – auch wenn es letztlich nur um Transport-infrastruktur für Züge geht.
Mit diesem Hebel versuchten die Aktivisten von „Fridays for Future“(FFF) daher, Siemens zum Ausstieg zu bewegen. Der Verlust des Auftrags im Wert von 18 Millionen Euro wäre für den Weltkonzern sicher verschmerzbar gewesen. Der Vertrauensverlust bei den Kunden ist es nicht. Es sei die „höchste Priorität“von Siemens, seine Versprechen zu halten, begründet Kaeser seine Entscheidung. Außerdem gebe es praktisch keinen rechtlich und wirtschaftlich verantwortbaren Weg, den Vertrag aufzulösen. Nicht nur der indische Adani-konzern ist
mit dem Beschluss zufrieden, auch die australische Regierung hatte Druck auf Siemens ausgeübt. Für den Minister für Ressourcen und Nordaustralien, Matthew Canavan, wäre eine Ablehnung eine „Beleidigung der arbeitenden Menschen von Australien“gewesen.
ist die Sache für Siemens-chef Kaeser allerdings noch nicht. Die deutsche Fffaktivistin Luisa Neubauer spricht von einem „unentschuldbaren Fehler“. Kaeser müsse sich entscheiden, ob er für oder gegen den Klimawandel sei. Die Klimaschutzorganisation „Market Forces“kündigte an, dass Kaeser bei der Hauptversammlung am 5. Februar mit „großem öffentlichen Widerstand“ rechnen muss. Auch in Australien droht Ungemach. Die Aktivisten von „Galilee Blockade“wollen den Konzern ins Visier nehmen. Die Gruppe hat bereits die Geschäfte anderer Partner der Carmichael-mine gestört.
Damit Siemens künftig „klüger sein“kann, soll ein Nachhaltigkeitskomitee etabliert werden. Kaeser hat
Neubauer dazu eingeladen.
Ein Aufsichtsratsmandat hatte die
Klimaaktivistin zuvor abgelehnt.
Siemens-boss Joe Kaeser