Kleine Zeitung Steiermark

„Europa ist ein zögerliche­r Kontinent!“

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Präsident Thomas Bach hat derzeit viele offene Baustellen, „sein“Internatio­nales Olympische­s Comité wird viel und oft kritisiert. Der Deutsche im „Zug-gespräch“über Europa, Geld, Kommerz, die Jugendspie­le – und das Thema E-sports.

man von zehn Leuten, die man nach den Jugendspie­len gefragt hat, 15 Antworten. Jetzt ist Sport die erste Priorität. Und ganz wichtig: Die Spiele sollen inklusiver werden, die Zuschauer nicht nur Zuschauer sein. Das ist sehr gut gelungen, das werden wir auch in Tokio probieren.

Spiele betrifft. Wenn Sie sich die wirtschaft­liche, politische, soziale Entwicklun­g anschauen, ist Asien ein paar Schritte voraus in einer dynamische­n Entwicklun­g. Hier gibt es Länder, in denen man Zukunftsen­twicklunge­n, aber auch Investitio­nen für künftige gesellscha­ftliche Entwicklun­gen sehr skeptisch und sehr kritisch gegenübers­teht.

Eines Ihrer Ziele war es, das IOC transparen­ter zu machen, Korruption zu bekämpfen. Sind Sie mit dem zufrieden, was gelungen ist?

Was die Korruption betrifft, sind wir enorm zufrieden. Wir sind als treibende Kraft anerkannt, haben Kooperatio­nen initiiert. Mit Regierunge­n, Vereinten Nationen, aber auch Interpol. Die Führungsro­lle des IOC in diesen Bereichen wird weltweit anerkannt.

Und doch sind Sie als Person gerade in Ihrer Heimat Deutschlan­d scharfer Kritik ausgesetzt.

In meinem Heimatland gibt es eine Handvoll Medienscha­ffende, für die ich in den letzten 15, 20 Jahren keine richtige Entscheidu­ng getroffen habe. Da müsste ich mir eher Sorgen machen, wenn Lob käme. Aber das grämt mich nicht.

Kommen wir zur Sportpolit­ik, zur Russland-causa. Wie viel Druck wird da auf den Sportgeric­htshof ausgeübt?

Der Sportgeric­htshof ist unabkam und muss eine Entscheidu­ng treffen. Wir als IOC haben zwei Anliegen: eine möglichst schnelle Entscheidu­ng. Und eine, die absolut eindeutig ist und keinerlei Spielraum für Interpreta­tionen lässt.

Ihnen wird eine gute Beziehung zu Wladimir Putin nachgesagt. Wie schaut das jetzt aus: Ruft er an und sagt, Thomas, das lassen wir uns nicht gefallen?

Das stimmt doch so nicht. Wir arbeiten mit allen Regierunge­n in Gastgeberl­ändern und vielen Staats- und Regierungs­chefs gut zusammen. Es gibt viele regelmäßig­e Treffen. Ich habe letztes Jahr wohl mehrere Dutzend Regierungs­chefs getroffen. Das ist einfach Teil unserer Arbeit. Da gibt es keine näheren Beziehunge­n.

Die zweite Baustelle ist die Problemati­k im Gewichtheb­er-weltverban­d und dessen Dopingpoli­tik. Wäre es an der Zeit, ein Exempel zu statuieren?

Das haben wir doch schon! Die Teilnehmer-quoten für Gewichtheb­er wurden um 40 Prosche

zent reduziert, der Verband wurde unter Beobachtun­g gestellt. Die Suspendier­ung des Sports für Paris 2024 ist nur unter Vorbehalt aufgehoben. Die Wada hat uns bescheinig­t, dass Gewichtheb­en auf unseren Druck hin das Anti-dopingprog­ramm verbessert­e. Momentan kann man von einem funktionie­renden Programm ausgehen. Die Wada wird beobachten, das ist ihre Aufgabe.

Trotz aller Krisen lukriert das IOC mehr als je zuvor – und wird dafür kritisiert. Sehen Sie Grenzen der Kommerzial­isierung?

Wir haben ja wohl die strikteste­n Kommerzgre­nzen aller Sportveran­staltungen. Olympia ist werbefrei. Geld ist für uns ja nicht das Ziel, es ist Mittel zum Zweck. Ja, wir brauchen Geld, und ja, wir erzielen hohe Einnahmen. Aber die erzielen wir, um unsere Mission erfüllen zu können, alle 206 olympische­n Komitees weltweit zu unterstütz­en. 90 Prozent aller Einnahmen gehen sofort in die Förderung. Und der Erfolg des Marketingp­rogramms ist auch

Teil der Antwort auf Ihre Frage nach der Olympia-skepsis: Keiner der großen Sponsoren und keine Tv-anstalt würde Verträge bis 2032 unterschre­iben, wenn es nicht vollstes Vertrauen in die Spiele und das Ioc-management gäbe.

In Lausanne wurde Fifa-präsident Gianni Infantino kraft seines Amtes Ioc-mitglied. Wie geht es mit Fußball bei Olympia weiter? Werden künftig auch die „großen“Namen teilnehmen?

Wir diskutiere­n das mit der FIFA, das ist nicht einfach. Man muss sich nur den Fußballkal­ender anschauen und die Vorhaben verschiede­ner Institutio­nen, noch mehr Wettbewerb­e einzuführe­n. Wir werden diese Diskussion nach Tokio 2020 führen, dann haben wir auch Zeit dafür.

Was sagen Sie: Besteht die Chance auf Olympische Spiele in Österreich?

Das hängt von den Österreich­ern ab. Wenn man Spiele will, worüber sich sehr viele, auch außerhalb Österreich­s, freuen würden, muss man mit dem IOC in Dialog treten. Ich habe hier keine Ratschläge zu geben.

Zudem war E-sports Thema. Olympisch wird es – vorerst – nicht, oder?

E-sports ist ein soziales Phänomen, das sehr attraktiv für die jüngere Generation ist und das wir deswegen nicht ignorieren können. Wir haben den Anspruch, zu einer besseren Gesellscha­ft durch Sport beizutrage­n. Dafür muss man Entwicklun­gen wahrnehmen. Wir leben ja nicht auf einer Insel.

Wir sehen uns hier einer Industrie gegenüber, sind aber selbst eine wertebasie­rte Organisati­on. Das heißt, dass es eine klare rote Linie gibt. Gewaltverh­errlichend­e oder diskrimini­erende Spiele wird es nicht geben. Spiele, die Sport simulieren, schon. Die Verbände sollten da auch Regulator in den E-sports sein, auf Fair Play achten. Und wir stellen unser Know-how zur Verfügung – weil die profession­ellen Gamer dieselben Proein bleme haben wie unsere Athleten.

Apropos Athleten: Einige Sportler klagen, dass sich Olympia von den Bedürfniss­en der Athleten entfernt hat. Stimmt das?

Man findet ja immer wieder kritische Stimmen. Aber wenn Sie wissen wollen, wie sich Athleten fühlen, dann schauen Sie hier den Jungen in die strahlende­n Augen und fragen nach unserem Angebot. Das ist genug Antwort.

Und die neuen Verhaltens­regeln, die Sportlern viel verbieten?

Moment! Das ist weitgehend eine Frage des Respekts und die Regeln gelten für Spielfeld und Zeremonien. Außerhalb dessen können sich alle frei äußern. Aber bei den Zeremonien fordern die Athleten selbst Respekt ein! Diese Regeln wurden ja nicht vom IOC gemacht, sondern von der Athletenko­mmission. Sportler wollen den olympische­n Moment genießen und nicht abgelenkt werden, weil einer oder eine neben ihnen den eigenen Präsidente­n nicht mag.

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APA, GEPA Ioc-präsident Thomas Bach stand bei den Olympische­n Jugendspie­len in Lausanne Rede und Antwort

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