Kleine Zeitung Steiermark

Auf dem Gipfel der Quertreibe­r

- Von Andreas Lieb, Straßburg

Heikle Mission für Sebastian Kurz: Er nimmt heute am Treffen der Visegrád-staaten teil, als Vermittler zwischen den Ländern im Osten und der Rest-eu.

Im Eu-parlament in Straßburg nimmt derzeit die „Konferenz zur Zukunft Europas“Gestalt an, mit der man große Reformen einleiten will; unter anderem geht es dabei um ein neues Asylsystem und das (teilweise) Ende der Einstimmig­keit im Rat, dem Gremium der Staatsund Regierungs­chefs.

Mit hoher Wahrschein­lichkeit wird Bundeskanz­ler Sebastian Kurz auch heute in Prag mit diesen Themen konfrontie­rt, wenn er am Gipfel der vier Visegrád-staaten Ungarn, Polen, Tschechien und der Slowakei teilnimmt. Die vier Länder im Osten der EU (benannt nach dem Gründungso­rt des Formats im Jahr 1991) gelten inzwischen als Sorgenkind­er der

EU, weil sie sich in demokratie­politische­r Sicht nach rückwärts entwickelt haben. In milderer Form die Slowakei (dort sorgte unter anderem ein Journalist­enmord für Aufsehen) und Tschechien, wo erst gestern im Eu-parlament die Vorwürfe erneuert wurden, der milliarden­schwere Regierungs­chef Andrej Babiˇs habe seinen Unternehme­n Eu-gelder in Millionenh­öhe illegal zukommen lassen. Gegen Polen und Ungarn laufen hingegen bereits „Artikel-7-verfahren“der EU wegen Verletzung der Rechtsstaa­tlichkeit. Die beiden Länder decken sich über das Einstimmig­keitsprinz­ip gegenseiti­g. Allen vier gemein ist: Sie gehören zur Nato, sind Nettoempfä­nger und weigern sich, Flüchtling­e aufzunehme­n. Die starre Haltung wird als einer der Gründe dafür gesehen, dass die Asylreform nicht in die Gänge kommt. Auf Eu-politische­r Ebene gehört es zu den Dauertheme­n, dass die ungarische Fidesz-partei von Viktor Orbán seit Monaten vor dem Ausschluss aus der Evp-parteifami­lie (zu der auch die ÖVP gehört) steht, gleichzeit­ig aber geht die Sorge um, Fidesz könnte sich mit der polnischen Regierungs­partei PIS in einer neuen, rechtsgeri­chteten Fraktion wiederfind­en.

Österreich und konkret Sebastian Kurz genießt bei den „V4“hohes Ansehen. Der Bundeskanz­ler soll also heute seiner Rolle als Vermittler und Brückenbau­er gerecht werden und dazu beitragen, die groß gewordenen Risse und Gräben zur EU wieder zu schließen.

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