Ein kleiner Nachhall
Thomas Bernhards Drama „Heldenplatz“, das jetzt, fast 32 Jahre nach der Wiener Uraufführung, im Grazer Schauspielhaus gezeigt wird, war damals nicht der große Theaterskandal, sondern ein wochenlanges, prächtig inszeniertes Medienspektakel v o r der eigentlichen Aufführung.
In die Fallen, die der Übertreibungsspezialist Bernhard mit seinen durchschaubaren Provokationen aufstellt, sind allzu viele bereitwillig hineingetappt: Journalisten, Politiker und erzürnte Patrioten. Claus Peymann und Thomas Bernhard haben das durchexerziert, wovon Bernhard schon zwei Jahre vorher den Regisseur in einem Dramolett schwärmen lässt: Die totale Volkskomödie, inszeniert von den Österreichern selbst.
Es hat damals allerdings, sowohl in Medien als auch in der Politik, Zeitgenossen gegeben, die abseits des Rummels geblieben sind. Zum Beispiel der damalige Bundeskanzler Franz Vranitzky.
Ein halbes Jahr vor der „In die Fallen, die Premiere gab Claus Peymann der Übertreibungsspezialist als Burgtheaterdirektor der Hamburger
„Zeit“zur Einstimmung Bernhard mit seinen ein selbstenthüllendes Provokationen Interview, das für Vor-erregung aufstellte, sorgte. Der Kanzler interpretierte dieses sind allzu viele
Gespräch als tragikomischen hineingetappt.“Zweikampf Peymanns mit sich selbst. Der Burgherr schien nämlich seinen raffinierten Gesprächspartner André Müller eher als Beichtvater zu sehen.
Benjamin Henrichs meinte dazu in der „Zeit“: „Wenn die Wiener den Peymann wirklich nicht mehr ertragen wollen, (…) dann sollten sie uns den Franz Vranitzky gleich mitschicken – im Umtausch gegen einen deutschen Kanzler und einen deutschen Staatsintendanten freier Wahl.“Im Suhrkamp-text zum „Heldenplatz“heißt es über Vranitzky: „heute gilt ja hier schon (…) ein noch immer mit dem Analphabetismus ringender Vorstadtpopanz / die Karikatur eines Sozialisten als Bundeskanzler als Staatsmann“. In seinen Memoiren erwähnt Vranitzky das „Heldenplatz“zwischenspiel nicht. Aber er bekennt sich dazu, dass es richtig gewesen sei, Peymann zu holen, weil er Bewegung ins Wiener Theaterleben gebracht habe. Claus Peymann erwies sich übrigens als durchaus integrationsfähig. 1988 schwadronierte er, er sage schon Jänner statt Januar.
Na, immerhin.
Kurt Wimmer war Chefredakteur der Kleinen Zeitung