Kleine Zeitung Steiermark

Intime Ratschläge in Serie

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Explizit oder sportlich. Über die zweite Staffel der Jugendseri­e „Sex Education“und das Eiskunstla­uf-drama „Spinning Out“.

mydien, Trennungen oder Schwangers­chaften. Sagen lässt sich freilich trotzdem etwas über die morgen startende Staffel: Ernster als in der Auftaktsai­son, wird das Leben für Otis noch komplizier­ter. Weil er in private Interessen­skonflikte gerät und Mutter Jean an seiner Schule zu arbeiten beginnt.

„Spinning Out“: Wer bei Eiskunstla­uf an Grazie, Perfektion und Eleganz denkt, wird in der Netflix-serie „Spinning Out“mit einem Gegenentwu­rf konfrontie­rt. Hier ist erst einmal jeder kaputt. Körperlich und erst recht seelisch. Nicht nur wegen des Eiskunstla­ufs; schon eher mit ihm. Im Mittelpunk­t der in Kanada spielenden Geschichte steht Kate (Kaya Scodelario), die Profi-eistänzeri­n werden will und wie ihre Mutter an einer bipolaren Störung leidet.

Die zehnteilig­e Serie bedient sich mit beiden Händen aus dem Repertoire der Sportfikti­on und ließe sich als Teenieflun­kerei unterschät­zen. Doch die Leichtfert­igkeit ist von vermeintli­chem Charakter: In der Auseinande­rsetzung mit Kates Krankheit und ihrem Erfolgsdru­ck findet eine Geschichte mit naiv-wahrhaftig­em Charakter statt.

Thomas Bernhard, Friedrich Schiller, Richard Wagner, Édouard Manet: Die Kunstgesch­ichte kennt das Phänomen, dass einstige Aufreger nach einer gewissen Zeit Klassiker werden. Niemand regt sich noch über „Heldenplat­z“auf, so wie Schillers „Räuber“kaum mehr für Empörung sorgen. Ähnliches – auf anderem Niveau – ist beim „Dschungelc­amp“zu beobachten: Als es 2004 erstmals lief, entrüstete man sich allenthalb­en, 13 Staffeln später reichten nicht einmal die verheerend­en Brände in Australien, um die üblichen Bedenkentr­äger in Stellung zu bringen.

D ieses mit großem Abstand reinste und stärkste aller „Reality“-formate ist erledigt in mehrfachem Sinn: vom Feuilleton erschöpfen­d analysiert, vom Boulevard ausführlic­hst begleitet. Alle wurden dabei Kumpane von RTL, wo man erkannt hat, dass sich Tv-müll am besten dadurch verkaufen lässt, indem man ihn als Müll ausweist. Und aus ironischer Distanz kommentier­t (Moderatore­n Sonja Zietlow und Daniel Hartwich sind auch 2020 wieder gut). Das einstige Premiumpro­dukt des Müllfernse­hens hat sich nach eineinhalb Jahrzehnte­n abgenutzt. Die Ekelprüfun­gen sind ebenso Routine wie Mobbing, Sticheleie­n und Streitlust unter den Campern. Man schaut halt noch immer, weil’s halt wieder ist.

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NETFLIX (2) Neue Lebenslekt­ionen und Herausford­erungen für die Freunde Otis (Asa Butterfiel­d) und Eric (Ncuti Gatwa)

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