Telefonieren im E-auto
Darf ein Grüner einen Burger einer Fast-food-kette verzehren, die von Greenpeace und anderen umweltbewegten NGOS als Komplize bei der Abholzung des Regenwaldes im Amazonas (Sojaproduktion für Rinderfarmen) überführt wurde? Eine Kette, die der Wegwerfkultur frönt? Ist es noch zeitgemäß, wenn ein Grüner einer Angelobung ohne Krawatte beiwohnt? Dürfen sich grüne Minister mit dicken Dienstautos, die wenig bis nichts zur Bekämpfung des Klimawandels beitragen, durch die Lande kutschieren lassen? wei Wochen nach der Angelobung müssen sich die Grünen nicht nur den mitunter bissigen Vorwurf gefallen lassen, Türkis-grün gleiche einer türkisen Minderheitsregierung mit grüner Duldung. Vizekanzler Werner Kogler muss sich dieser Tage auch mit Fragen der Inszenierung und der politischen Symbolik herumschlagen. Der linksliberale „Falter“hatte Kogler wegen des krawattenlosen Auftritts zum „Dolm der Woche“gekürt, und ein zum Blogger mutierter Ex-parteichef hatte, als Paparazzi getarnt, Kogler in einem Fast-food-lokal aufgelauert. Geht es bei solchen Fragen nur um die Schlagzeile oder auch um die politische Glaubwürdigkeit? 95 Prozent
Zder Politik ist Inszenierung, meinte einst ein nicht rasend erfolgreicher Regierungschef. ur Angelobung kamen Kogler und seine vier Regierungskollegen
ZLeonore Gewessler, Rudi Anschober, Alma Zadic, Ulrike Lunacek
bewusst zu Fuß. Die Umweltministerin fuhr dann bei klirrender Kälte mit dem Rad zur Amtsübergabe ins Ministerium am Donaukanal weiter. Seit der Angelobung trifft man grüne Minister oft in öffentlichen Verkehrsmitteln an. Gewessler fuhr mit dem Bus zur ZIB 2 auf den Küniglberg, zum Termin in Baden nahm die Steirerin den Zug. Anschober pendelte am Wochenende regelmäßig in seine oberösterreichische Heimat – bisher immer mit den ÖBB. ass Kogler ein Bahn-freak ist, ist bekannt. Ob man den Vizekanzler künftig oft im Zug antreffen wird, ist fraglich. Im Interview ließ der Chef der Grünen jüngst mit dem Hinweis aufhorchen, als Vizekanzler, Amts- und Verantwortungsträger könne er nicht mehr unbefangen telefonieren, weil so manches Gespräch der Vertraulichkeit unterliege. Die meisten Züge hätten keine abgetrennten Abteile mehr, das erschwere das Zugfahren als Vizekanzler. n jedem Fall setzen die grünen Regierungsmitglieder auf Eautos. Vizekanzler Kogler fährt seit einigen Tagen mit einem weißen E-golf, der zum Bundeskanzleramt wie auch zum Wirtschafts-, Verteidigungsund Innenministerium ressortiert, in Wien herum. Klimaschutzministerin Gewessler greift, wenn es nicht anders geht, auf ein Elektroauto aus dem Bestand des Ministeriums zurück, auch Sozialminister Anschober will sich ein E-auto zulegen. Zum ersten Eu-ministerrat in Brüssel wollen Gewessler wie auch Anschober mit dem Nachtzug anreisen.
DI