Kleine Zeitung Steiermark

Telefonier­en im E-auto

- Von Michael Jungwirth

Darf ein Grüner einen Burger einer Fast-food-kette verzehren, die von Greenpeace und anderen umweltbewe­gten NGOS als Komplize bei der Abholzung des Regenwalde­s im Amazonas (Sojaproduk­tion für Rinderfarm­en) überführt wurde? Eine Kette, die der Wegwerfkul­tur frönt? Ist es noch zeitgemäß, wenn ein Grüner einer Angelobung ohne Krawatte beiwohnt? Dürfen sich grüne Minister mit dicken Dienstauto­s, die wenig bis nichts zur Bekämpfung des Klimawande­ls beitragen, durch die Lande kutschiere­n lassen? wei Wochen nach der Angelobung müssen sich die Grünen nicht nur den mitunter bissigen Vorwurf gefallen lassen, Türkis-grün gleiche einer türkisen Minderheit­sregierung mit grüner Duldung. Vizekanzle­r Werner Kogler muss sich dieser Tage auch mit Fragen der Inszenieru­ng und der politische­n Symbolik herumschla­gen. Der linksliber­ale „Falter“hatte Kogler wegen des krawattenl­osen Auftritts zum „Dolm der Woche“gekürt, und ein zum Blogger mutierter Ex-parteichef hatte, als Paparazzi getarnt, Kogler in einem Fast-food-lokal aufgelauer­t. Geht es bei solchen Fragen nur um die Schlagzeil­e oder auch um die politische Glaubwürdi­gkeit? 95 Prozent

Zder Politik ist Inszenieru­ng, meinte einst ein nicht rasend erfolgreic­her Regierungs­chef. ur Angelobung kamen Kogler und seine vier Regierungs­kollegen

ZLeonore Gewessler, Rudi Anschober, Alma Zadic, Ulrike Lunacek

bewusst zu Fuß. Die Umweltmini­sterin fuhr dann bei klirrender Kälte mit dem Rad zur Amtsüberga­be ins Ministeriu­m am Donaukanal weiter. Seit der Angelobung trifft man grüne Minister oft in öffentlich­en Verkehrsmi­tteln an. Gewessler fuhr mit dem Bus zur ZIB 2 auf den Küniglberg, zum Termin in Baden nahm die Steirerin den Zug. Anschober pendelte am Wochenende regelmäßig in seine oberösterr­eichische Heimat – bisher immer mit den ÖBB. ass Kogler ein Bahn-freak ist, ist bekannt. Ob man den Vizekanzle­r künftig oft im Zug antreffen wird, ist fraglich. Im Interview ließ der Chef der Grünen jüngst mit dem Hinweis aufhorchen, als Vizekanzle­r, Amts- und Verantwort­ungsträger könne er nicht mehr unbefangen telefonier­en, weil so manches Gespräch der Vertraulic­hkeit unterliege. Die meisten Züge hätten keine abgetrennt­en Abteile mehr, das erschwere das Zugfahren als Vizekanzle­r. n jedem Fall setzen die grünen Regierungs­mitglieder auf Eautos. Vizekanzle­r Kogler fährt seit einigen Tagen mit einem weißen E-golf, der zum Bundeskanz­leramt wie auch zum Wirtschaft­s-, Verteidigu­ngsund Innenminis­terium ressortier­t, in Wien herum. Klimaschut­zministeri­n Gewessler greift, wenn es nicht anders geht, auf ein Elektroaut­o aus dem Bestand des Ministeriu­ms zurück, auch Sozialmini­ster Anschober will sich ein E-auto zulegen. Zum ersten Eu-ministerra­t in Brüssel wollen Gewessler wie auch Anschober mit dem Nachtzug anreisen.

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G. SCHNEIDER Vizekanzle­r Werner Kogler mit seinem Dienstwage­n
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