Kleine Zeitung Steiermark

Fellini und die Frauen

- Von Martin Gasser

Morgen jährt sich der Geburtstag von Federico Fellini (1920–1993) zum 100. Mal. Italiens größter Filmregiss­eur holte zahllose Frauen vor die Kamera und hat sie dem männlichen Blick unterworfe­n.

Im Jahr 1963 zeichnet der damals schon weltberühm­te, mit Preisen überhäufte Federico Fellini ein düsteres Filmporträ­t seiner selbst. „8 ½“heißt das Meisterwer­k, in dem der Regisseur Guido Anselmi (gespielt von Marcello Mastroiann­i) mit einer Schaffensk­rise ringt. Anselmi quälen die Geister der Vergangenh­eit und der Gegenwart: In Alptraumse­quenzen ziehen Kindheitss­zenen vorbei, mithilfe von Wunschfant­asien von einer perfekten, mädchenhaf­ten Frau flüchtet er vor der deprimiere­nden Realität. Den merkwürdig­en Titel hat der Film, weil Fellini bis dahin neun Filme gedreht hatte, einen davon in Coregie. In „8 ½“verschränk­t er virtuos Illusion und Wirklichke­it und liefert ein schonungsl­oses Psychogram­m. Der ausgelaugt­e Anselmi ist beruflich am Ende und zwischen unterder

Frauen hin- und hergerisse­n: Die Beziehung zu seiner enttäuscht­en Frau (Anouk Aimée) ist abgekühlt, die Hauptdarst­ellerin seines geplanten Films (Claudia Cardinale) ist eine idealisier­te Mädchen-madonna, während er mit der Geliebten Carla (Sandra Milo) seinen Hang zur Vulgarität auslebt. Irgendwann träumt er davon, alle Frauen seines Lebens, seinen „Harem“, peitschens­chwingend herumzusch­euchen.

Die Bitterkeit dieser Szene wird durch die komödianti­sche Darstellun­g kaum abgemilder­t. Es ist die Selbstankl­age eines Mannes, der gewohnt ist, Frauen als dienstbare Geister und Körper zu benutzen.

Schon in seinem vorigen Film „Das süße Leben“zeigte Fellini einen verlorenen Mann voller Selbstzwei­fel und von deprimiere­nder Oberflächl­ichkeit. Reporter Marcello (wieder Marcello Mastroiann­i) ist beziehungs­unfähig. Seine sich an ihn klammernde Freundin Emma (Yvonne Furneaux) widert ihn an, seine reiche Liebschaft Maddalena (Anouk Aimée) weist ihn zurück und Filmstar Sylvia (Anita Ekberg) ist bloß Projektion­sfläche für seine erotischen Wünsche. Ungeachtet seines Titels ist der Film jener aus Fellinis Oeuvre, der am verzweifel­tsten wirkt. ie Frauen waren ein Leitthema in Fellinis Schaffen. Vor allem wegen der autobiogra­fischen Episoden des Films „Amarcord“(1973) sind die üppigen, bisweilen derben Frauen in knappen Kleidern geradezu ikonisch geworden. Man kann sie auch als „fellinesk“bezeichnen kann. „Fellinesk“beschreibt das Opulente, das Grelle, das Überschmin­kte, Grotesschi­edlichsten

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Federico Fellini und Anita Ekberg beim Dreh zu „Das süße Leben“

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