Gefangen im Netz einer Cyberstalkerin
Die Psychotherapeutin und Autorin Monika Wogrolly wurde über Jahre hinweg von einer Cyberstalkerin terrorisiert und bedroht. Auch durch Gefängnisstrafen ließ sich die Frau nicht stoppen.
in Wahrheit eine Beziehung. Als ich klarstellte, dass das nicht infrage kommt, wurde ihr Ton schnell sehr aggressiv.
Das heißt, die anfängliche Bewunderung schlug bald in Wut und sogar Hass um.
Mir wurde schnell klar, dass diese Frau auf vielen Ebenen sehr enttäuscht war. Sie fühlte sich offenbar im Stich gelassen von unserem System. Ich wollte ihr zunächst auch helfen, das gehört schließlich auch zu meinem Beruf als Psychotherapeutin. Ich bin aber relativ schnell an meine Grenzen gekommen, weil ich spürte, dass diese Person extrem destruktiv ist. Zuerst hat mich diese Frau also idealisiert. Und dann kam der Absturz, weil der idealisierte Mensch, also ich, nicht so reagiert hat, wie es sich diese Frau offenbar erwartet hat. Ich wurde also abgewertet und zum Feind gemacht.
Sie hatten es also offenbar mit einer psychisch kranken Per
son zu tun.
Ja, das hat diese Frau auch selbst von sich gesagt. Und ich wollte ihr natürlich auch helfen. Bis sich schließlich diese unglaubliche Aggression über mich ergossen hat. Und das war für mich einfach unfassbar: zu erleben, was Worte, also im konkreten Fall E-mails, bewirken und anrichten können. Das musste ich zum Glück vorher noch nie in meinem Leben erfahren.
Wie muss man sich diese Cyberattacken weiter vorstellen?
Ich war zunächst völlig zerrissen. Einerseits wusste ich, dass mein virtuelles Gegenüber Hilfe braucht, andererseits war ich eindeutig das Opfer dieser Frau. In weiterer Folge sind Smsnachrichten und auch Anrufe auf mich niedergeprasselt. Im Minutentakt! Tagsüber, nachtsüber, immer. Irgendwann wusste ich: Okay, ich kann dieser Frau nicht mehr helfen, es gibt keinen Diskurs, ich muss sie blockieren. Von meinem Umfeld wurde die Angelegenheit am Anfang teilweise bagatellisiert, viele
mein
das sei eine Kunstfigur. Aber auch wenn die Attacken im virtuellen Raum stattfanden: Der Angreifer, die Angreiferin war echt und die Bedrohung sehr real. Vor allem die telefonischen Übergriffe rund um die Uhr waren sehr belastend für mich. Und dann kam der Punkt, an dem mein Anwalt zu mir sagte: Du hast keine Wahl mehr, du musst Anzeige erstatten.
Es war also eine Schmerzgrenze überschritten.
Es war einfach nicht mehr auszuhalten. Diese Frau fertigte auch Fake-profile an und hat mir durch Postings in meinem privaten und beruflichen Umfeld geschadet. Es ist traumatisierend, von einer völlig unbekannten Person dermaßen angefeindet und mit Hass überschüttet zu werden.
Welche Gefühle haben in Ihnen dominiert? Wut, Angst, Ohnmacht?
Zunächst hat die Ratlosigkeit überwogen, auch Mitgefühl und sogar Fürsorge. Diese Frau hat in ihrer sozialen Einsamkeit mir gegenüber sogar mit Selbstmord gedroht und auch einen Termin dafür festgesetzt. Dann kippte es. Als auch meine Familie Zielscheibe dieser Frau wurde, wuchs in mir die Wut. Diese Attacken, dieses Cyberstalking, sind eine Form von psychischer Gewalt. Es ist schlicht Psychoterror! Obwohl ich vom Fach bin, hat es mich lange Zeit völlig überfordert.
Sie sind ja kein Einzelfall. Allein im Jahr 2018 kam es in Österreich zu 300 Anzeigen wegen Cybermobbings und zu mehr als 1700 Anzeigen wegen Cyberstalkings. Was empfehlen Sie als Opfer anderen Betroffenen?
Der wichtigste Punkt: dass man Cyberstalking auch als solches identifiziert. Auch was in der virtuellen Welt passiert, kann echten Schaden anrichten. Diese Dinge sind anzeigepflichtig und -würdig. Man sollte ernst nehmen, was einem da widerfährt. Es gibt mittlerweile ja einschlägige Paragrafen, die diese Angriffe als kriminellen Akt einstufen. Aber noch immer schweigen viele Opfer. Deshalb ist es für mich so wichtig, meine Stimme zu erheben und mich nicht zu schämen – in der Opten,
ferrolle tut man das ja oft, sich schämen.
In Ihrem Fall ging es ja so weit, dass Sie für öffentliche Veranstaltungen private Leibwächter engagiert haben. Aus Angst, dass diese Frau einmal leibhaftig vor Ihnen steht und Ihnen etwas antut.
Ja, so war es. Sie hat ja auch angekündigt, einmal aufzutauchen und einen erweiterten Suizid zu begehen. Natürlich hatte ich da Angst. Noch ein Punkt ist mir wichtig: unbedingt delegieren und nicht die ganze Last selbst tragen. Mir persönlich hat da das Gewaltschutzzentrum, an das ich mich gewandt habe, sehr geholfen. Im Gespräch mit der dortigen Juristin habe ich auch meine Scham verloren, über das zu sprechen, was mir da angetan wird.
Ein weiterer wichtiger Punkt ist die Beweisführung, nehme ich an.
Der dritte Prozess endete mit einer Verurteilung zu zehn Monaten unbedingter Haftstrafe. Meine letzte Information ist, dass diese Frau Anfang des Jahres aus der Haft entlassen wird. Wie es dann weitergeht? Ich weiß es nicht.
dazu auch unseren Podcast mit Monika Wogrolly.
IDie ersten Trainings verliefen gut, dann wurde immer mehr und mehr daraus.
Wie unterschiedlich sind Sie beide eigentlich als Spitzensportler?
Das Mentale macht einen enormen Unterschied. Am Anfang hatte ich natürlich eine gewisse Sicherheit in den Paarlaufelementen, während für sie alles neu war. In den ersten ein, zwei Saisonen habe ich kaum Fehler gemacht und Miriam hat sich schwergetan, richtig reinzukommen. Aber sie hat sich schnell angenähert. In dieser Saison habe ich schon mehr Fehler gemacht als Miriam.
Bei jedem Paar ist die Rollenverteilung anders, auch wir haben unterschiedliche Funktionen. Severin ist der, der im Training die Kommandos gibt. Er ruft zum Beispiel „hopp“, wenn wir die Pirouette nebeneinander machen und es zum Positionswechsel geht. Er ist auch der, der mehr Gelassenheit ins Paar bringt, weil ich oft etwas überehrgeizig bin. Ich glaube aber, dass ich ihn damit so weit gebracht habe, dass er sich weiterentwickeln konnte in seinen Linien und in der läuferischen Präsentation. Wir arbeiten täglich daran, dass die jeweiligen Erwartungen vom anderen besser zusammenpassen.
Wir arbeiten auch mit einer Sportpsychologin zusammen, weil die kommunikative Basis enorm wichtig ist. Die Harmonie muss passen, um effektiv trainieren zu können. Natürlich achtet auch unser Trainer darauf, dass es keine Reibungsverluste gibt.
Als Paarlauf-paar ist man quasi sieben Tage die Woche zusammen. Ehrlich: Gehen Sie sich nicht manchmal auf die Nerven?
Ja, schon, manchmal. Wir haben jedoch auf dem Eis eine ganz andere Beziehung als im Privaten. Wir sind ja auch privat ein Paar. Aber wir versuchen, das komplett zu trennen.
Wenn uns jemand in einer Eishalle sieht, würde er nie auf die Idee kommen, dass wir auch privat zusammen sind. Da wirkt das Verhältnis eher
wie Bruder zwi- und
schen
Schwester.
Wir sind schnell auch privat zusammengekommen, nachdem wir mit dem Paarlauf begonnen haben. Anfangs wollten wir nicht, dass es zu viele Leute wissen, weil wir nicht sicher waren, ob das eine super Idee ist. Wir haben es geheim gehalten und uns in der Eishalle so verhalten, dass der Sport nicht beeinträchtigt wird.
Dabei ist es geblieben.
KIEFER: Unser Trainer hat uns auch gleich gesagt: Nach dem Training bleibt das Eislaufen in der Halle und ihr macht euer eigenes Ding. Denn wenn wir das Eislaufen mit nach Hause nehmen würden, würden wir wahnsinnig werden. Dann wären wir jetzt auch nicht mehr zusammen. Für uns wird es eher in ein paar Jahren interessant, wenn wir nicht mehr eislaufen und die Situation dann eine ganz andere ist.
Sie leben ja mittlerweile in Berlin und haben mit Bruno Massot den regierenden Olympiasieger im Trainerteam. Wie viele Trainer haben Sie eigentlich?
Mit Knut Schubert einen Haupttrainer, Bruno Massot hilft uns im technischen Bereich. Er ist in die ganze Planung nicht so involviert, aber da sind wir mit Herrn Schubert auch sehr auf Augenhöhe.
Sie sagen Herr Schubert? Sie sind mit Ihrem Trainer per Sie?
Ja, auch wenn es so gar nicht zu unserer freundschaftlichen Beziehung zu ihm passt. Aber das ist halt noch ein altes DDR-DING, auch wenn wir jetzt schon sechs Jahre zusammenarbeiten.
In Berlin ist das in der Eishalle auch heute noch ganz normal: Die West-trainer werden geduzt und die Ost-trainer werden gesiezt. Aber weil ich, wie schon gesagt, manchmal ein wenig überehrgeizig bin oder glaube, selbst alles besser zu wissen, schafft das Siezen automatisch eine respektvolle Distanz zum Gegenüber.
KIEFER: Herr Schubert war früher ein sehr guter Eiskunstläufer und ist im Ddr-system aufgewachsen. Ein sehr rigides und strenges System. Was auch heute noch ein bisserl makaber ist: Wir trainieren im Sportforum Ostberlin Hohenschönhausen, das ist ein riesiger Komplex mit drei Eishallen, zwölf Fußballfeldern, Tennisplätzen, Weitwurf, Wasserspringen, Eishockey, Eisschnelllauf. Dahinter ist ein großer Friedhof, wo alle Trainer von Herrn Schubert liegen, und auch er kennt schon seinen Platz. Alle Trainer wissen, wo sie in 20, 30, 40 Jahren beerdigt werden. Auf der anderen Seite hat er seinen Schrebergarten, Zaun an Zaun zum Friedhof und Zaun an Zaun zur Eishalle.
Sie sind wegen des Sports nach Berlin ausgewandert. Wäre in Österreich eine Paarlauf-karriere nicht möglich?
ZIEGLER: Im Moment, nein. KIEFER: Theoretisch würde es gehen, wenn jemand wie Herr Schubert da wäre, der die entsprechende Expertise hätte. Aber es gibt leider keinen Herrn Schubert in Österreich.
Und es gibt zu wenige Eishallen.
KIEFER: Es ist generell ein Wahnsinn, dass man in Österreich einzig in Wien ganzjährig trainieren kann. Natürlich wäre es vor allem für Kinder und Jugendliche super, wenn es auch in Salzburg, Graz, Klagenfurt oder Innsbruck Stützpunkte gäbe. Als Schüler kann man halt nicht sagen, ich gehe jetzt einmal für drei Monate nach Berlin trainieren. Und so ist das bei uns halt echt schwierig.
In Österreich haben viele Sportarten ähnliche Probleme. Fehlt hierzulande generell das Bewusstsein für den Sport?
KIEFER: Schon. Wir sind ja viel unterwegs und erleben auch viel. In Ländern wie Japan ist Eiskunstlauf Nationalsport, da ist die Wertschätzung eine ganz andere. Oder in Amerika. Da ist es komplett egal, welche Sportart du machst: Wenn du bei Olympia warst, bist du ein Held. ZIEGLER: Für einen Olympiateilnehmer stehen dort alle Unis offen, da kriegst du etwas zurück, da bist du ein Botschafter für den Sport und die Gesundheit. Die Leute sind stolz auf ihre Sportler. Dafür fehlt bei uns das Bewusstsein. Es sollte zumindest anerkannt werden, wenn du einmal bei Olympia oder bei Weltmeisterschaften warst. Bei uns wird man als Eiskunstläufer ja eher belächelt.
Eiskunstlauf ist von der Wahrnehmung her aus der Fernsehberichterstattung komplett verschwunden.
KIEFER: Stimmt. Und Leute sagen oft, dass sie Eiskunstlauf früher immer mit der Mama und der Oma angeschaut haben, aber jetzt kriegt man halt davon gar nichts mehr mit.
ZIEGLER: Was wir in den letzten zwei, drei Jahren gemerkt haben, ist, dass unser Sport für eingefleischte Fans, die voll in der Szene drin sind, über die digitale Schiene wieder zugänglicher wurde. Aber ein Laie stößt halt nicht zufällig auf einen Youtube-link mit der Liveübertragung.
Viel Fernsehzeit bedeutet für Sportler auch großes Interesse und entsprechenden Zugang zu Sponsoren. Wie überleben Sie?
ZIEGLER: Durch das Bundesheer. Das ist unser Sicherheitsnetz, unser Grundüberlebenseinkommen. Wenn diese Förderung wegfallen würde, müssten wir aufhören. Wir hängen da wirklich dran. Alle anderen Förderungen sind natürlich auch essenziell, damit finanzieren wir den Trainer und die Trainingslager. Aber zur Seite kann man sich nichts legen.
KIEFER: Letzte Saison und auch in dieser sind wir bei den Grands Prix in die Top fünf und damit in die höchsten Preisgelder reingekommen. Aber da reden wir von Summen zwischen 700 und 1500 Euro.
Blickt man neidisch zu Sportarten mit Millionenpreisgeldern wie im Golf oder Tennis? Oder hierzulande zu Marcel Hirscher?
KIEFER: Da sind wir wieder beim Thema Einschaltquoten. Gegen Marcel Hirscher bin ich übrigens als Zehnjähriger im Bezirkscup gefahren und mein Papa, meine Mama und ich haben uns damals gefragt, wie es sein kann, dass ich 13 Sekunden langsamer war. Ein paar Jahre später wussten wir, warum. Ich bin recht passabel Ski gefahren, aber nicht schnell. Ich habe in Salzburg auch Fußball gespielt
und hätte da eher die Chance gehabt, mehr zu verdienen als im Eiskunstlauf. Aber die Teilnahme etwa als Junger beim Junioren-gp in Mexiko war für mich interessanter.
Zum Paarlauf gehört natürlich auch die passende Musik. Wie findet man die richtigen Töne für ein Kurzprogramm oder die Kür?
Wir arbeiten seit 2014 mit Mark Pillay, einem Choreografen aus Kanada, zusammen. Er ist immer auf Musiksuche und schickt uns Lieder mitsamt einem Konzept, wenn er glaubt, dass es für uns passen könnte. Dann besprechen wir es durch, er erklärt uns kurz die Idee dahinter und wenn wir mit der Umsetzung starten, kann so ein Programm innerhalb einer Woche fertig sein. Es hängt halt davon an, wie schnell wir seine Ideen mit der Reihenfolge der Elemente umsetzen können.
Ein oft umstrittenes Thema im Eiskunstlauf sind die Preisrichter. Schaut man sich vor einem Wettkampf an, wer die Noten vergibt, und denkt sich dann: Bitte nicht schon wieder die oder der ...?
Es ist streng reglementiert, dass man mit den Preisrichtern nach der Auslosung und bis Wettkampfschluss nicht kommunizieren darf. Aber wir holen uns nach dem Wettkampf Feedback von ihnen und fragen nach, was wir besser machen könnten oder woran wir arbeiten müssen. Als Athlet hat man eine ganz andere technische Sicht auf die Elemente, auf Würfe oder Hebungen.
Bei der Heim-em dürfen Sie schon ein wenig auf Heimvorteil hoffen?
Hoffen darf man immer. Auch wenn wir wirklich noch nie bevorzugt benotet wurden. Unfair vorn waren wir nie. Oft hören wir von Preisrichtern oder dem technischen Panel nach Wettkämpfen, dass sie unsere positive Entwicklung sehen, dass wir vieles richtig gut machen und wir am richtigen Weg sind. Aber wir warten und warten, dass die
Noten tatsächlich besser werden. Eine Preisrichterin hat uns beispielsweise in Moskau erzählt, dass wir bei der Nachbesprechung des Kampfgerichts so gelobt wurden. Aber warum hat man das
Lob nicht vorher in der Wertung gesehen? Da war ich wirklich frustriert. Ich weiß nicht, was wir besser machen sollen, wenn andere sich drei Fehler leisten können und trotzdem vorn sind.
Man muss halt so gut sein, dass es keine Fragen mehr gibt. Das ist zwar eine wahnsinnig schwierige Aufgabe, aber das ist die einzige Chance, die wir haben. Unser Sport ist halt sehr politisch wie auch alle anderen Sportarten, die subjektiv gewertet werden. Uns fehlt noch die Lobby im Hintergrund. Aber wir geben nicht auf.