Europa und die Sicherungshaft
Sebastian Kurz bleibt beim Plan und verweist auf Eu-mitglieder.
missbraucht, wird bestraft“bedeuten sollen. Für Manhart stand fest: „Er wollte ihn töten“. Der Angeklagte habe den Sozialamtsleiter gehasst und für sein Unglück verantwortlich gemacht.
Verteidiger Weh sprach von einer „Beziehungstat“. Schon als Zwölfjähriger sei Ö. mit dem späteren Opfer, der damals bei der Fremdenpolizei arbeitete, in Kontakt gekommen und sei von ihm mit der Ausweisung bedroht worden. Nach über 25-jähriger „Beziehung“und nach der großen Kränkung der Abschiebung sei es schließlich zur „Explosion“gekommen. Um einen
Mord habe es sich aber nicht gehandelt, „sonst hätte er das Opfer abpassen können und hätte nicht die Bezirkshauptmannschaft aufsuchen müssen“, sagte Weh.
Die unter schärfsten Sicherheitsvorkehrungen geführte Verhandlung wurde kurz nach 17.30 Uhr auf heute vertagt. Dann kommt Gerichtspsychiater Reinhard Haller zu Wort. Nach dessen Expertise war der 35-Jährige bei der Tat zurechnungsfähig und damit schuldfähig. Anschließend werden Kollegen des Opfers angehört. Ein Urteil soll morgen folgen.
Es gibt keine absolute Sicherheit, aber es gibt sehr wohl die Pflicht der Republik Österreich, alles zu tun, dass es ein Maximum an Sicherheit gibt“, hielt Bundeskanzler Sebastian Kurz gestern in Bezug auf den Dornbirner Prozess fest, dass, wie im Regierungsprogramm festgehalten, an der Umsetzung der Sicherungshaft gearbeitet werde. Experten des Justiz- und Innenministeriums sollen anwendbare Vorschläge erarbeiten. Kurz bezieht sich immer wieder darauf, dass es bereits 15 Eu-staaten gäbe, in denen diese Haftform ohne juristische oder menschenrechtliche Einwendungen praktiziert werde.
Zwar wird eine „Gesetzeslücke“in Österreich von manchen in Abrede gestellt (gestern etwa durch Neos-klubobmann Niki Scherak), die Hürde dürfte jedoch das Bundesverfassungsgesetz über die persönliche Freiheit sein – in einem Beitrag der Rechercheplattform „Addendum“verweist der Verfassungsrechtler Bernhard Raschauer auf diese Besonderheit.
Die Europäische Menschenrechtskonvention und das Eurecht sehen demnach mehr Festnahmegründe vor, als in Österreich umgesetzt werden – das ist auch eine der Erklärungen dafür, dass die Praxis in anderen Ländern anders ausschaut. Konkret geht es um Irland, Belgien, die Niederlande, Luxemburg, Estland, Lettland, Litauen, Polen, Tschechien, die Slowakei, Ungarn, Slowenien, Kroatien, Zypern und Griechenland, Sonderfälle sind Deutschland (hier haben die Bundesländer Spielraum) und Frankreich, wo nach den Terroranschlägen der Notstand ausgerufen wurde, der weiter reichende Maßnahmen ermöglicht. Auch Portugal kennt eine ähnliche Haftform. Eine „Vorbereitungshaft“hat auch die Schweiz, wo Fremde aus Gründen der nationalen Sicherheit bis zu sechs Monate festgehalten werden können. Die Schweiz ist zwar nicht Eumitglied, hält sich aber an die Richtlinien und an die Menschenrechtskonvention.
Angewendet werden die Möglichkeiten in den Ländern höchst unterschiedlich, von gar nicht bis sehr häufig. Österreich wollte schon vor der Ratspräsidentschaft 2018 über die Praxis Bescheid wissen und schickte Anfragen. In der Antwort heißt es etwa aus Belgien: Ja, ein Asylwerber kann aus Gründen der nationalen Sicherheit in Haft kommen, wenn keine anderen Maßnahmen möglich sind. Ähnlich der Wortlaut in der Slowakei: wenn es keine andere Möglichkeit gibt und die nationale Sicherheit in Gefahr ist. Die Dauer der Haft ist unterschiedlich, sie reicht von sechs Tagen (Litauen, mit der Möglichkeit auf Verlängerung auf maximal zwei Monate) bis längstens sechs Monate.
Europaministerin Karoline Edtstadler (ÖVP) sagte gestern in Brüssel, die Sicherungshaft würde eine Lücke schließen zwischen Untersuchungs-, Straf- und Schubhaft: „Es geht um den Zeitpunkt, wenn man die Schubhaft gerade noch nicht verhängen kann, weil der rechtskräftige Bescheid fehlt.“Sie sei der festen Überzeugung, dass sich eine menschenrechtskonforme Regelung finden lasse. Die Entscheidung müsse jeweils überprüfbar juristisch begründet sein: „Der Fall Dornbirn darf sich nicht wiederholen.“
Andreas Lieb, Brüssel
Sie treten als Liste Doskozil an – nach einer Idee von Sebastian Kurz?
HANS PETER DOSKOZIL: Wir sind selbstbewusst genug, dass wir keine Ideengeber brauchen.
Auf den Plakaten lese ich SPÖ Burgenland. Mit der Löwelstraße wollen Sie nichts
zu tun haben?
Es wird hier nicht die Löwelstraße gewählt, auch nicht Rendiwagner. Es steht die SPÖ Burgenland auf dem Prüfstand.
Was machen Sie anders als die Bundes-spö?
Wir gehen es pointierter, themenbezogener, personenbezogener an. Es gibt schon prägnante Unterschiede, ich will es inhaltlich definieren. Die SPÖ fordert schon lange den Mindestlohn, in der Regierungsverantwortung ist er nie umgesetzt worden. Wir setzen ihn um. Da geht es um Glaubwürdigkeit.
Man kann einwenden, einen Mindestlohn von 1700 Euro kann es nur im staatlichen Bereich geben, weil es der Steuerzahler zahlt?
Das stimmt nicht. Das ist ein Schmäh, der so lange erzählt wird, bis ihn alle glauben. Als wir 1700 Netto-mindestlohn gefordert haben, haben Gewerkschaft und Funktionäre gesagt, wie soll das gehen. Es gibt genug Betriebe, die das längst umgesetzt haben. Kürzlich war die Elektro Güssing bei mir. Von 81 Mitarbeitern haben bis auf vier alle den Mindestlohn.