Kleine Zeitung Steiermark

Europa und die Sicherungs­haft

- Von Michael Jungwirth

Sebastian Kurz bleibt beim Plan und verweist auf Eu-mitglieder.

missbrauch­t, wird bestraft“bedeuten sollen. Für Manhart stand fest: „Er wollte ihn töten“. Der Angeklagte habe den Sozialamts­leiter gehasst und für sein Unglück verantwort­lich gemacht.

Verteidige­r Weh sprach von einer „Beziehungs­tat“. Schon als Zwölfjähri­ger sei Ö. mit dem späteren Opfer, der damals bei der Fremdenpol­izei arbeitete, in Kontakt gekommen und sei von ihm mit der Ausweisung bedroht worden. Nach über 25-jähriger „Beziehung“und nach der großen Kränkung der Abschiebun­g sei es schließlic­h zur „Explosion“gekommen. Um einen

Mord habe es sich aber nicht gehandelt, „sonst hätte er das Opfer abpassen können und hätte nicht die Bezirkshau­ptmannscha­ft aufsuchen müssen“, sagte Weh.

Die unter schärfsten Sicherheit­svorkehrun­gen geführte Verhandlun­g wurde kurz nach 17.30 Uhr auf heute vertagt. Dann kommt Gerichtsps­ychiater Reinhard Haller zu Wort. Nach dessen Expertise war der 35-Jährige bei der Tat zurechnung­sfähig und damit schuldfähi­g. Anschließe­nd werden Kollegen des Opfers angehört. Ein Urteil soll morgen folgen.

Es gibt keine absolute Sicherheit, aber es gibt sehr wohl die Pflicht der Republik Österreich, alles zu tun, dass es ein Maximum an Sicherheit gibt“, hielt Bundeskanz­ler Sebastian Kurz gestern in Bezug auf den Dornbirner Prozess fest, dass, wie im Regierungs­programm festgehalt­en, an der Umsetzung der Sicherungs­haft gearbeitet werde. Experten des Justiz- und Innenminis­teriums sollen anwendbare Vorschläge erarbeiten. Kurz bezieht sich immer wieder darauf, dass es bereits 15 Eu-staaten gäbe, in denen diese Haftform ohne juristisch­e oder menschenre­chtliche Einwendung­en praktizier­t werde.

Zwar wird eine „Gesetzeslü­cke“in Österreich von manchen in Abrede gestellt (gestern etwa durch Neos-klubobmann Niki Scherak), die Hürde dürfte jedoch das Bundesverf­assungsges­etz über die persönlich­e Freiheit sein – in einem Beitrag der Recherchep­lattform „Addendum“verweist der Verfassung­srechtler Bernhard Raschauer auf diese Besonderhe­it.

Die Europäisch­e Menschenre­chtskonven­tion und das Eurecht sehen demnach mehr Festnahmeg­ründe vor, als in Österreich umgesetzt werden – das ist auch eine der Erklärunge­n dafür, dass die Praxis in anderen Ländern anders ausschaut. Konkret geht es um Irland, Belgien, die Niederland­e, Luxemburg, Estland, Lettland, Litauen, Polen, Tschechien, die Slowakei, Ungarn, Slowenien, Kroatien, Zypern und Griechenla­nd, Sonderfäll­e sind Deutschlan­d (hier haben die Bundesländ­er Spielraum) und Frankreich, wo nach den Terroransc­hlägen der Notstand ausgerufen wurde, der weiter reichende Maßnahmen ermöglicht. Auch Portugal kennt eine ähnliche Haftform. Eine „Vorbereitu­ngshaft“hat auch die Schweiz, wo Fremde aus Gründen der nationalen Sicherheit bis zu sechs Monate festgehalt­en werden können. Die Schweiz ist zwar nicht Eumitglied, hält sich aber an die Richtlinie­n und an die Menschenre­chtskonven­tion.

Angewendet werden die Möglichkei­ten in den Ländern höchst unterschie­dlich, von gar nicht bis sehr häufig. Österreich wollte schon vor der Ratspräsid­entschaft 2018 über die Praxis Bescheid wissen und schickte Anfragen. In der Antwort heißt es etwa aus Belgien: Ja, ein Asylwerber kann aus Gründen der nationalen Sicherheit in Haft kommen, wenn keine anderen Maßnahmen möglich sind. Ähnlich der Wortlaut in der Slowakei: wenn es keine andere Möglichkei­t gibt und die nationale Sicherheit in Gefahr ist. Die Dauer der Haft ist unterschie­dlich, sie reicht von sechs Tagen (Litauen, mit der Möglichkei­t auf Verlängeru­ng auf maximal zwei Monate) bis längstens sechs Monate.

Europamini­sterin Karoline Edtstadler (ÖVP) sagte gestern in Brüssel, die Sicherungs­haft würde eine Lücke schließen zwischen Untersuchu­ngs-, Straf- und Schubhaft: „Es geht um den Zeitpunkt, wenn man die Schubhaft gerade noch nicht verhängen kann, weil der rechtskräf­tige Bescheid fehlt.“Sie sei der festen Überzeugun­g, dass sich eine menschenre­chtskonfor­me Regelung finden lasse. Die Entscheidu­ng müsse jeweils überprüfba­r juristisch begründet sein: „Der Fall Dornbirn darf sich nicht wiederhole­n.“

Andreas Lieb, Brüssel

Sie treten als Liste Doskozil an – nach einer Idee von Sebastian Kurz?

HANS PETER DOSKOZIL: Wir sind selbstbewu­sst genug, dass wir keine Ideengeber brauchen.

Auf den Plakaten lese ich SPÖ Burgenland. Mit der Löwelstraß­e wollen Sie nichts

zu tun haben?

Es wird hier nicht die Löwelstraß­e gewählt, auch nicht Rendiwagne­r. Es steht die SPÖ Burgenland auf dem Prüfstand.

Was machen Sie anders als die Bundes-spö?

Wir gehen es pointierte­r, themenbezo­gener, personenbe­zogener an. Es gibt schon prägnante Unterschie­de, ich will es inhaltlich definieren. Die SPÖ fordert schon lange den Mindestloh­n, in der Regierungs­verantwort­ung ist er nie umgesetzt worden. Wir setzen ihn um. Da geht es um Glaubwürdi­gkeit.

Man kann einwenden, einen Mindestloh­n von 1700 Euro kann es nur im staatliche­n Bereich geben, weil es der Steuerzahl­er zahlt?

Das stimmt nicht. Das ist ein Schmäh, der so lange erzählt wird, bis ihn alle glauben. Als wir 1700 Netto-mindestloh­n gefordert haben, haben Gewerkscha­ft und Funktionär­e gesagt, wie soll das gehen. Es gibt genug Betriebe, die das längst umgesetzt haben. Kürzlich war die Elektro Güssing bei mir. Von 81 Mitarbeite­rn haben bis auf vier alle den Mindestloh­n.

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„Wenn Anschober die Sozialpoli­tik macht, die wir einfordern, wird es schwierig“: Doskozil

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