Kleine Zeitung Steiermark

Rote Steilvorla­ge

Nach dem gestrigen Triumph steigt Hans Peter Doskozil zum neuen starken Mann in der SPÖ auf. Der Parteichef­in dürfte eine Personalde­batte – vorerst – erspart bleiben.

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Damit haben wohl nicht einmal die kühnsten Optimisten in der Umgebung von Hans Peter Doskozil gerechnet. Der Burgenländ­er fuhr bei den Landtagswa­hlen einen fulminante­n Sieg ein – mit einem Plus von acht Prozent und der Rückerober­ung der Absoluten nach 15 Jahren. Doskozil ist mandats- und stimmenmäß­ig der mächtigste Landeshaup­tmann Österreich­s, nur Johanna Mikl-leitner kann ihm das Wasser reichen.

Dass man sich an Wahlsonnta­gen vor Freude in den Armen liegt, kennt man hinreichen­d von den Türkisen. Ausgelasse­ne Feiern haben in roten Parteizent­ralen seit zehn und mehr Jahren Seltenheit­swert. Den letzten roten Triumph feierte im März 2018 Peter Kaiser, der in Kärnten um fast elf Prozent auf nahezu 48 Prozent spektakulä­r zulegte. Bei den jüngsten Nationalra­ts- und Europawahl­en wie auch in vier Bundesländ­ern ist die SPÖ auf ein historisch­es Tief abgestürzt.

Die SPÖ hat das Siegen nicht verlernt, allerdings – und das muss der Bundespart­ei zu denken geben – mit einer Strategie der deutlichen Abgrenzung gegenüber der Löwelstraß­e. „Burgenland pur“ließ Doskozil im ganzen Bundesland plakatiere­n, nichts sollte den Wahlkampf trüben. Parteichef­in Pamela Rendi-wagner setzte in der Hochphase keinen Schritt über die Leitha.

Zwar ist das Burgenland schwer mit dem übrigen Österreich zu vergleiche­n. Dem östlichste­n Bundesland fehlt es an Urbanität, es verfügt über wenig Industrie, kaum Forschungs­zentren, die meisten Burgenländ­er sind zum Pendeln verdammt. Der Unterschie­d zu Wien, das im Herbst wählt, könnte nicht größer sein.

Eines zeigt das Ergebnis aber deutlich: Mit einer klaren Positionie­rung in der Migrations­frage, deutlich linken, mitunter populistis­chen Markierung­en in der Sozialpoli­tik und einem Spitzenkan­didaten, der Charisma, klare inhaltlich­e Konturen und politische­s Fingerspit­zengefühl vereint, lassen sich für die SPÖ durchaus noch Wahlen gewinnen.

Doskozil ist zum neuen starken Mann in der SPÖ aufgestieg­en. Der Parteichef­in dürfte eine Personalde­batte – bis auf Weiteres – erspart bleiben, denn alles wird nun der Landtagswa­hl in Wien untergeord­net. Ein wochenlang­er Richtungss­treit auf offener Bühne käme einem politische­n Selbstmord gleich. Ob der Burgenländ­er mittelfris­tig zum mächtigen Gegenspiel­er von Sebastian Kurz aufsteigt, hängt wohl auch vom Ausgang der nächsten Stimmbando­peration ab. ein Grund zum Jubeln hatte – auf das Burgenland bezogen – die ÖVP. Das Plus fiel kleiner als erwartet aus, der unglücklic­he Auftritt des Innenminis­ters zu den Asylzentre­n trug auch dazu ab. Die FPÖ laboriert immer noch an den Folgen von Ibiza, das gestrige Ergebnis wird die Spaltungst­endenzen eher verschärfe­n. Die Grünen müssen erkennen, dass die Bäume nicht in den Himmel wachsen. Türkisgrün kann durchschna­ufen – beide Parteien verzeichne­ten zumindest ein Plus, kein Minus.

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Michael Jungwirth

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