Die fatale Schwäche der Italiener für starke Männer
Italien war schon immer ein Versuchslabor für neue Methoden des Regierens. Republik, Faschismus und das berlusconianische Politainment – sie alle hatten auf der Apenninenhalbinsel ihren Ursprung.
Ob – wie es der Untertitel von Lorenz Gallmetzers jüngstem Buch „Von Mussolini zu Salvini“behauptet – auch Matteo Salvini und seine Lega politische
Avantgarde des modernen Nationalpopulismus sind, darf mit Blick auf schillernde Persönlichkeiten wie Haider, Le Pen, Pim Fortuyn und eben Berlusconi freilich bezweifelt werden. Der Anspruch, für das gesamte Volk zu sprechen, eine Art „rechter“Sozialismus, das Agitieren gegen „Ausländer“und die Forderung nach Stärkung der eigenen nationalen Identität gehören seit Jahrzehnten zum Waffenarsenal populistischer Politik. Wenn, dann hat Salvini mithilfe der sozialen Medien lediglich die politische Selbstinszenierung perfektioniert.
Das sollte der Lektüre von Gallmetzers Buch allerdings keinen Abbruch tun. Auf abwechslungsreiche Weise erklärt der ehemalige Orf-journalist, wie sich in Italien als Folge von einer blockierten Demokratie, Korruption,
Bürokratie,
Klientelwirtschaft und mangelnder Vergangenheitsbewältigung in Schüben subkutan Groll gegen die politischen und sonstigen Eliten aufstaut, der sich bei Wahlen dann regelmäßig in Voten gegen jede Vernunft Bahn bricht. Stefan Winkler