Kleine Zeitung Steiermark

Der grüne Hype ist dem Börsen-boss zu einseitig

- Von Claudia Haase

Christoph Boschan, Chef der Wiener Börse, ist glücklich mit der neuen Regierung. Diese will Aktienkauf aus der Elite- oder Spekulante­n-ecke holen. Auch mit einer Steuerbefr­eiung, die an eine Behaltefri­st gekoppelt ist.

Ich würde gern die Leute wachrüttel­n, dass sie eben nicht nur Konsumente­n sind. Wer nachts um fünf Uhr vor dem Apple Store für ein neues iphone ansteht, könnte auch für sich die Transferle­istung hinkriegen, dass man Teilhaber eines solchen Produzente­n sein kann. Ich verhehle aber auch nicht die Risiken in der derzeitige­n Situation.

Weil es generell nicht so einfach ist? Oder weil der Markt etwa in den USA im Moment so aufgeheizt ist, dass erst vor wenigen Tagen der ehemalige Nobelpreis­träger Robert Shiller vor einem möglichen Crash gewarnt hat?

Zur bisherigen Prognosefä­higkeit eines Herrn Shiller: Gratulatio­n zum Nobelpreis, aber sonst phänomenal daneben. Wie viele andere. Das ist das Phantastis­che am Aktienmark­t, der ist der große Gleichmach­er, wie die Amis sagen, weil er alles in Zahlen ausdrückt. Dass man sogar Krisenapol­ogeten noch zuhört, deren eigene Fonds heißen müssten „Außer Spesen nichts gewesen“, das regt mich voll auf. Zwischen den beiden Extremen Boom oder Crash gibt es leider wenig Börsewahrn­ehmung. Das hält auch die Mehrheit vom Investiere­n ab.

meinten

Sie

Zins.“Aber die 20 Prozent Plus beim ATX im Vorjahr, die kriegt eben der, der schon länger dabei war. Im Schnitt liegt die Jahresrend­ite bei sieben Prozent im Jahr bei angemessen­em Risiko. Es muss in die Köpfe: Investiere­n, nicht spekuliere­n. Wer ernten will, sollte zehn, 15 Jahre vorher gut gestreut säen.

Aktienkäuf­er sollen von der Kapitalert­ragsteuer befreit werden, wenn sie ihre Aktien länger behalten. Von bis zu fünf Jahren ist die Rede. Das ist extrem lang. Sind Sie für ein Jahr?

Ja, darauf sollte man sich kapriziere­n. Man muss bei der Lebensreal­ität der Menschen bleiben. Der gewollte Effekt, ruhige Hände zu bevorteile­n, ist bei längerer Dauer kaum größer.

Wie beurteilen Sie den Hype bei Green Investment­s?

Das ist grundsätzl­ich ein Thema, das nicht mehr weggeht. Ich rate allen, sich damit intensiv auseinande­rzusetzen. Im Moment stehen mir vermeintli­che Überrendit­en viel zu viel im Vordergrun­d, von den entspreche­nden Risiken liest man wenig. Ein großes Problem liegt in der Festlegung der Kriterien, hier ist noch alles im Fluss, nichts fix. Die völlige Steuerbefr­eiung für grüne Investitio­nen, auf die sich die neue Regierung festgelegt hat, sehe ich überhaupt als riesige handwerkli­che Herausford­erung. Ich anerkenne das Ziel. Die Umsetzung, die

konkrete Kriterienf­indung, ist alles andere als einfach. Grundsätzl­ich gut finde ich, dass sich auch die linksliber­ale Seite bei der Transition in die Co2-neutrale Welt normaler Marktmecha­nismen bedienen möchte. Ich glaube, dass das im linken Lager noch zu gigantisch­en Spannungen führen wird.

Gernot Blümel hat die deutschen Pläne zu einer Finanztran­saktionsst­euer quasi planiert. Was soll jetzt kommen?

Diese Idee des deutschen Finanzmini­sters Olaf Scholz kam mir vor wie die Aggressivi­tät einer aussterben­den Spezies.

 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Austria