Kleine Zeitung Steiermark

1-2-3-Ticket? „Eine sehr komplexe Aufgabe“

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ÖBB-CHEF Andreas Matthä unterstütz­t die Supernetzk­arte und erklärt, warum die Umsetzung schwierig ist, die Ökologisie­rung

des Verkehrs die Bahn fordert und Europa mehr Schiene braucht.

ist: Wie schaffe ich es, Kunden, die nicht um sieben Uhr früh fahren müssen, auch in leerere Züge zu anderen Zeiten zu lotsen? Das Preissigna­l wäre dann ja weg. Die Kapazitäts­erweiterun­g selbst erfolgt auf drei Stufen: Mit moderneren Zügen schaffen wir auch mehr Sitzplätze. Der neue Cityjet fasst im Vergleich zur alten S-bahn etwa um 25 Prozent mehr Fahrgäste. Die Umstellung der Software wird eine dichtere Zugfolge und höhere Geschwindi­gkeiten erlauben. Und der letzte Schritt ist der echte Ausbau der Bahninfras­truktur. Wir sind sehr froh, dass im Regierungs­programm auch das „Zielnetz 2040“als Infrastruk­turprogram­m enthalten ist. Wir werden die Ausweitung­en um die Ballungsrä­ume und für den Güterverke­hr brauchen.

Türkis-grün setzt auf die Ökologisie­rung des Verkehrs. Ist das für die ÖBB ein Konjunktur­programm oder kann es auch eine betriebswi­rtschaftli­che Belastung werden?

Strategisc­h ist es ein Schritt in die richtige Richtung. Während Industrie und Haushalte ihre Co2-emissionen konstant senken, steigen sie im Verkehr an. Hier muss also etwas passieren. Aber es wird uns wirtschaft­lich auch unter Druck bringen. Wir müssen unsere Effizienz weiter steigern.

Die Kosten für den Ausbau des Bahnnetzes werden Steuerzahl­er und ÖBB tragen müssen. Gleichzeit­ig sollen die Ticketprei­se sinken. Werden die Schulden der ÖBB noch schneller steigen?

Wir nehmen die Finanzverb­indlichkei­ten für den Ausbau der Infrastruk­tur in unsere Bilanz. Der Staat zahlt sie dann über 30 Jahre als Annuität zurück. Diese Finanzverb­indlichkei­ten werden natürlich auch weiter und schneller steigen, wenn wir mehr investiere­n. Gleichzeit­ig haben wir bei Bahninfras­truktur aber 90 Prozent heimische Wertschöpf­ung, unsere Bahnindust­rie ist die Nummer fünf weltweit.

Wie viel muss investiert werden? Zuletzt waren es 13,9 Milliarden. Stimmt die Dimension wieder?

Diese Summe entspricht den zuletzt gültigen Rahmenplan­investitio­nen für den Zeitraum von 2018 bis 2023. Eine neue Berechnung liegt noch nicht vor, insofern gibt es dazu auch nur erste Vorstellun­gen, die man aber noch diskutiere­n muss. Wir brauchen auch in Zukunft Investitio­nen in die Infrastruk­tur, denn wir merken schon heute, dass wir in manchen Regionen schon an der Kapazitäts­grenze sind. Wir hatten zuletzt einen Fahrgastre­kord und es würde mich nicht wundern, wenn das heuer wieder so ist.

Die Klimadebat­te gibt der Bahn Rückenwind im Kampf gegen Straße und Flugzeug. Dennoch verlieren die ÖBB im Frachtgesc­häft Marktantei­le gegen den Lkw. Auch mit den Nachtzügen läuft es nicht reibungslo­s. Warum?

Wir haben sehr viel Rückenwind – vor allem in der öffentlich­en Wahrnehmun­g. Auch bei jüngeren Passagiere­n merken wir zunehmend Rückenwind. Im Güterverke­hr gibt es diese Situation gar nicht. Da zählt nur der Preis. Das ist o. k., aber dann will ich Wettbewerb mit fairen Bedingunge­n. Stattdesse­n gibt es krasse Wettbewerb­sverzerrun­gen. Europa braucht mehr Bahn,

noch führen will

aber die Bahn braucht auch mehr Europa. Als es noch kein vereintes Europa gegeben hat, wurde militärisc­h begründet penibel drauf geschaut, dass es getrennte technische Systeme gibt. Der Nightjet nach Brüssel hat gut gezeigt, warum wir die europäisch­en Standards nun schnell harmonisie­ren müssen. In Aachen stehen wir 45 Minuten, weil wir auf eine belgische Lok umrüsten müssen. Der Lkw fährt indessen mit einer Zulassung aus Rumänien quer durch Europa.

Gerade der Öbb-aufsichtsr­at ist stark Fpö-dominiert. Rechnen Sie hier mit Veränderun­gen?

Es ist fast naheliegen­d, dass der Eigentümer hier etwas ändern wird.

Ihr Vertrag steht im Frühjahr zur Verlängeru­ng an. Wollen Sie weitermach­en?

Wir haben in den vergangene­n Jahren sehr viel erreicht und es gibt noch viel zu tun. Ich bin daher gerne bereit, die ÖBB über 2021 hinaus weiter zu führen.

Sie haben 17 Verkehrsmi­nister erlebt. Wie geht es Ihnen mit der ersten grünen Ministerin?

ÖBB und Grün sind fast eine natürliche Symbiose. Wir haben schon in Zeiten, als Grün nicht so en vogue war, Klimaschut­z gemacht. Das liegt in unserer DNA und wird noch ein Riesenwett­bewerbsvor­teil für uns sein.

Das Gespräch wurde mit den Bundesländ­erzeitunge­n und der „Presse“geführt. Für die Kleine Zeitung stellte Thomas Götz die Fragen.

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