Happy End mit Baby
Susanne Safer erkrankte mit 35 Jahren an Brustkrebs. Dass sie heute, zehn Jahre später, Mutter einer Tochter ist,
ist für sie ein Wunder.
Das ist nix.“Mit diesen Worten wurde der Knubbel, den Susanne Safer in ihrer Achselhöhle entdeckt hatte, zunächst abgetan. Ein inaktiver Lymphknoten lautete die Diagnose – doch als dieser inaktive Knoten innerhalb kürzester Zeit auf vier Zentimeter anwuchs und für Safer auch ein optisches Problem wurde, suchte sie noch einmal einen Chirurgen auf, der sie wiederum zur weiteren Abklärung schickte. „Der Radiologe war während der Untersuchung schon verdächtig ruhig“, erinnert sich Safer heute, zehn Jahre später. Was dann folgte, war die Diagnose: Brustkrebs. Mit 35 Jahren. „Wie das genau ablief, weiß ich heute nicht mehr, das hat mein Gehirn verdrängt“, sagt Safer. Was sie noch weiß, ist, dass sie von einem ganzen Netz an Freunden aufgefangen wurde – Termine, Ärztegespräche, sie war nie allein. „Ich war verwirrt und hysterisch“, erzählt Safer – und alles drehte sich für sie um die Frage: Werde ich das überleben?
Das sei ihr einziger Gedanke gewesen, ein anderer hatte sie bis dato nur am Rande beschäftigt. „Ja, ich ging davon aus, dass es irgendwann passieren würde, dass ich Kinder habe“, sagt Safer – aktiv beschäftigt habe sie sich bis dahin aber nicht mit dem Thema Familienplanung. Das änderte sich abrupt, als sie, so ganz nebenbei, von einem behandelten Arzt gefragt wurde: „Sie haben schon Kinder, oder?“Als sie mit „Nein“antworte, entschlüpfte dem Arzt ein „Oh!“, denn, so Safer, die Rechnung war einfach: Sie war zum Zeitpunkt der Diagnose 35 Jahre alt und würde die nächsten sieben Jahre nicht schwanger werden dürfen. „Der Hormonrausch einer Schwangerschaft hätte meinen Krebs wieder aufwecken können“, sagt Safer, die Chefin einer Werbeagentur ist. 35 plus sieben Jahre ergibt 42 – ein Alter, in dem nach einer überstandenen Krebstherapie die Chance, noch schwanger zu werden, mit „schwierig bis unmöglich“beschrieben wurde. Heute ist es Standard, dass Krebspatienten über das Thema Fruchtbarkeit und Familienplanung aufgeklärt werden (siehe rechts) – für Safer gab es im Moment der Krebsdiagnose aber auch zu viel anderes, womit sie sich beschäftigen musste. „Da ist das Thema, du wirst
Man muss das Leben einfach
lieben. Und solange ich nicht sterbe, kann ich alles ertragen.
Susanne Safer, Brustkrebs-überlebende keine Kinder kriegen können, in einem Nebensatz erwähnt, einfach zu viel.“
Sie beschreibt eine Situation im Fahrstuhl des Krankenhauses, wo sie ihre Chemotherapie erhielt. Safer stand dort, mit Glatze und Tropf im Arm, und fühlte sich elend. Mit ihr im Fahrstuhl eine frischgebackene Mutter, die ihr Neugeborenes im Arm wiegte und laut Safer von einem „Glücksglanz“umgeben war – während sie selbst „Angst, Schmerz und Dunkelheit“symbolisierte. Aber Safer überstand die Operation, die Chemotherapie und die Bestrahlung. Sie wurde wieder gesund – doch ein fahler Beigeschmack blieb. „Je mehr Kinder es in meinem Freundeskreis gab, desto trauriger wurde ich, dass ich keine Familie haben
sollte.“Außerdem hatte sie in der Zwischenzeit ihren heutigen Ehemann kennengelernt – und da beschlossen sie, sieben Jahre nach der Diagnose, sie probieren es mit dem Kinderkriegen.
Doch das funktionierte nicht. Und so ging sie zurück ins Krankenhaus, in dem sie ihre Krebstherapie hinter sich gebracht hatte. „Vielleicht“, so beschreibt sie heute, „sollte dieser Ort mir ja auch ein Baby schenken.“Zwei Versuche per Insemination – das Sperma wird zum Eisprung in die Gebärmutter der Frau eingebracht – nahm sich das Paar mit den Ärzten vor. Und nach dem zweiten Versuch war Safer schwanger. Eine Risikoschwangerschaft, wie Safer wusste: „Mir schossen Gedanken durch den Kopf: Ich bin schon so alt, was, wenn ich das Kind verliere?“Doch irgendwann beschloss sie, sich nur noch zu freuen. „Karla ist ein Wunder für mich“, sagt Safer, während ihre acht Monate alte Tochter im Hintergrund nach der nächsten Mahlzeit verlangt.
Der Krebs hat sich nur noch einmal eingemischt – als Safer testen ließ, ob ihre Krebserkrankung eine genetische Ursache hatte und sie sie somit an ihre Tochter weitervererben könnte. Es stellte sich heraus: Nein, der Krebs ist nicht vererbbar.
Wie sie seit diesen Erfahrungen durchs Leben geht? „Jeder erlebt scheußliche Dinge, aber man muss das Leben einfach lieben. Sterben ist immer eine Option, aber das will ich nicht und das passiert jetzt nicht. Und solange ich nicht sterbe, kann ich alles ertragen.“
ten zu reden, und das Ganze muss ordentlich honoriert werden. Das Zauberwort ist Zeit: Zeit zum Zuhören, aber auch Zeit in der Therapie.
Sie attestieren eine „entmenschlichte Gesundheitsindustrie“.
Gesundheit und Heilen ist so modern, viele Institutionen haben sich gesagt: Da machen wir auch mit. Hubschraubereinsätze sind nur ein Aspekt. Und der Politiker sagt: „Wenn ich wiedergewählt werden will, muss ich ein neues Spital bauen“– obwohl er genau weiß, dass wir viel zu viele Spitalsbetten haben. Es gibt ja auch keine Gesunden mehr, es gibt nur schlecht Untersuchte. Wir produzieren Kranke am Fließband. Ich würde stattdessen sagen: Helfen wir denen, die um Hilfe suchen, und lassen wir die Gesunden gesund sein.
Sie kritisieren auch den Umgang mit Menschen an ihrem Lebensende: Was läuft hier falsch?
Es ist gut, wenn wir das Leben verlängern, aber nur den Prozess des Sterbens zu verlängern, ist nicht okay. Ich spreche von Patienten, die von sich aus sagen: „Ich bin am
Ende angekommen.“Aber die Medizin sagt: „Nein, die Oma braucht noch eine Chemotherapie um 60.000
Euro, da lebt sie noch zwei Monate.“Es gibt so viele Studien, die zeigen, dass die letzte Lebensspanne die teuerste ist. Die Medizin hat eine Erwartungshaltung erzeugt, die sagt: „Wir können alles heilen.“Aber die Sterblichkeit des Menschen bleibt bei hundert Prozent.